Aktuelle Rechtsinformationen

[Inhalt]
[Vorheriger Text][Nächster Text]

Führerschein und Epilepsie: Keine Fahrerlaubnis ohne Überzeugungsgewissheit von mindestens einjähriger Anfallsfreiheit

Ein folgenschwerer Verkehrsunfall in Berlin verschaffte der Frage bundesweit mediale Aufmerksamkeit, wie mit an Epilepsie Leidenden und deren Fahrerlaubnis umzugehen ist. Im folgenden Fall musste das Verwaltungsgericht Mainz (VG) genau hierzu strikte Vorgaben definieren, unter welchen Voraussetzungen die motorisierte Teilhabe von Epileptikern möglich sein kann.

Einem Fahrzeugführer wurde die Fahrerlaubnis erteilt, da er nach einer epilepsiechirurgischen Operation zunächst anfallsfrei war. Nachdem er in anderem Zusammenhang gegenüber dem Gesundheitsamt angegeben hatte, wieder etwa einmal im Monat einen Krampfanfall zu erleiden, forderte die Fahrerlaubnisbehörde den Betroffenen zur Vorlage eines fachärztlichen Gutachtens über seine Fahreignung auf. Als ein solches nicht vorgelegt wurde, entzog ihm die Behörde unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis. Mit einem gerichtlichen Eilantrag legte der Epileptiker schließlich eine ärztliche Stellungnahme vor, nach der er eine mehrjährige Anfallsfreiheit ohne Medikation geschildert hatte. Er machte außerdem geltend, dass der Erhalt eines Arbeitsplatzes regelmäßig an einer fehlenden Fahrerlaubnis scheitere.

Das VG lehnte seinen Eilantrag jedoch ab, denn eine Fahrerlaubnis sei ohne Berücksichtigung privater Nachteile dann zwingend zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet erweise. Nach der einschlägigen Regelung in der Fahrerlaubnisverordnung könne bei einer Epilepsie eine Eignung hinsichtlich der Führerscheinklassen für Pkw und Krafträder nur dann angenommen werden, wenn kein wesentliches Risiko von Anfallswiederholungen bestehe - der Betroffene beispielsweise ein Jahr anfallsfrei sei. Bei dem hier Betroffenen könne nicht mit der erforderlichen Überzeugungsgewissheit von einem mindestens einjährigen anfallsfreien Zeitraum ausgegangen werden. Die bekanntgewordenen ärztlichen Stellungnahmen enthielten widersprüchliche Angaben zu seiner Anfallsfreiheit, und aussagekräftige ärztliche Begleiterkenntnisse zum Krankheitsverlauf lägen nicht vor.

Hinweis: Die Entscheidung des Gerichts beruht auf § 2 Fahrerlaubnisverordnung. Wer sich infolge körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung nicht sicher im Straßenverkehr bewegen kann, muss die entsprechende Vorsorge treffen. Anderenfalls kann die Fahrerlaubnis entzogen werden. Hierzu gehören körperliche Beeinträchtigungen wie Gelähmtheit, Neigung zu epileptischen Anfällen oder vorübergehende Sehbehinderungen.


Quelle: VG Mainz, Beschl. v. 22.11.2019 - 3 L 1067/19.MZ
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 02/2020)

[Vorheriger Text][Nächster Text]
[Inhalt]

 

[Startseite] [Archiv]