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Private Internetnutzung am Arbeitsplatz: Trotz nur dienstlich erlaubter Internetnutzung Kündigung nicht ohne weiteres zulässig

Weil ein Arbeitnehmer während seiner Arbeitszeit privat im Internet gesurft hatte, wurde ihm gekündigt. Es bestand eine betriebliche Regelung, dass die Internetnutzung ausschließlich zu dienstlichen Zwecken erlaubt ist. Die Kündigung wurde jedoch durch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz als unwirksam angesehen, da die Arbeitgeberin nicht dargelegt hat, wie lange der Arbeitnehmer jeweils privat im Internet gewesen ist und dadurch seine Arbeitsleistung beeinträchtigt hat. Sie hätte zunächst eine Abmahnung aussprechen müssen.

Zur Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung durch Internetzugriffe des Arbeitnehmers während der Arbeitszeit hat die Arbeitgeberin die jeweilige Verweildauer darzulegen, wenn der Arbeitnehmer einwendet, dass etwa Rückfragen bei seiner Bank zum Kontostand allenfalls 20 Sekunden betragen hätten; die Dauer der Zugriffe ist grundsätzlich technisch feststellbar.

Zweck einer verhaltensbedingten Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen; die vergangene Pflichtverletzung muss sich noch in Zukunft belastend auswirken. Eine solche negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Pflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde auch künftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Arbeitsvertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus. Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Verpflichtungen, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass es auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen wird.

Wegen einer Pflichtverletzung im Verhaltensbereich bedarf es nur dann keiner Abmahnung, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, aufgrund derer eine Abmahnung als nicht erfolgversprechend angesehen werden kann. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer nicht gewillt ist, sich vertragsgerecht zu verhalten. Nur besonders schwere Vorwürfe bedürfen keiner Abmahnung, weil hier der Arbeitnehmer von vorneherein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen kann.

Hinweis: Diese Entscheidung ist zwar sehr arbeitnehmerfreundlich, sie sollte jedoch nicht als "Freifahrtschein" verstanden werden. Die im Betrieb geltenden Regelungen zur privaten Internetnutzung sollten zwingend beachtet werden, da seitens des Arbeitgebers auf Verstöße jedenfalls mit einer Abmahnung reagiert werden kann. Bestehen keine entsprechenden Verhaltensmaßregeln, ist eine Rückfrage beim Chef zu empfehlen. Entsteht dem Chef bzw. dem Betrieb durch die private Internetnutzung allerdings ein nachweisbarer Schaden, kann u.U. auch ohne vorherige Abmahnung eine Kündigung erfolgen!


Quelle: LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 26.02.2010 - 6 Sa 682/09
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 05/2010)

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