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Blutprobe als Beweismittel: Beweisverwertungsverbot bei vollständiger Umgehung des Richters

Wer als Autofahrer schon einmal von der Polizei angehalten wurde, musste vielleicht auch schon einen Alkoholtest machen und ins Röhrchen pusten. Hier hört die Anordnungsbefugnis der Polizei aber auf. Die Entnahme einer Blutprobe als Beweismittel der Trunkenheitsfahrt muss vom Richter angeordnet werden. Andernfalls darf der Beweis in einer späteren Gerichtsverhandlung nicht verwendet werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Entscheidung jetzt den sogenannten "Richtervorbehalt" gestärkt.

Der Fahrerin wurde ohne richterliche Anordnung Blut entnommen. Ein Zeuge hatte die Polizei auf eine mögliche Trunkenheitsfahrt aufmerksam gemacht. Eine halbe Stunde nach Hinweis des Zeugen war die Polizei bei der Wohnung der Fahrerin eingetroffen. Ein noch in der Wohnung durchgeführter Atemalkoholtest ergab einen Wert von 1,01 mg/l. Etwa eine halbe Stunde später wurde ihr auf dem Polizeirevier auf Anordnung eines Polizeibeamten von einem Arzt Blut entnommen.

Das Strafverfahren gegen die Fahrerin wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr wurde später eingestellt. Die Fahrerin hatte - zunächst erfolglos - die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Blutentnahme sowie die Vernichtung der Blutproben beantragt. Denn die Polizei habe ohne entsprechende Anordnung eines Richters gehandelt.

Die mit dem Fall befassten Gerichte haben die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Blutentnahme mit allgemeinen Erwägungen begründet. Im Sinne einer effektiven Strafverfolgung diene eine zeitnahe Blutentnahme generell zur Sicherung der Beweise. Eine richterliche Entscheidung könne aber selbst zur Tageszeit an einem Wochentag nur mit erheblicher Zeitverzögerung ergehen. Würde der Richter eingebunden, käme die Blutentnahme deshalb regelmäßig zu spät.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschlüsse der Strafgerichte aufgehoben. Denn die Entscheidungen zur Rechtmäßigkeit der Blutentnahme verletzen die Fahrerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz. Ein Betroffener hat generell Anspruch darauf, dass die Gerichte die Rechtmäßigkeit der Blutentnahme umfassend und eigenständig prüfen und dabei insbesondere klären, ob die Polizei im konkreten Fall auf die Einschaltung des Richters verzichten durfte.


Quelle: BVerfG, Beschl. v. 11.06.2010 - 2 BvR 1046/08
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 08/2010)

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