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Radler überholt Radler: Volle Haftung nach Unfall durch lediglich 32 cm Seitenabstand

Ein Radfahrer muss grundsätzlich mit Schwankungen in der Fahrlinie eines vorausfahrenden Radfahrers rechnen, so dass ein eingehaltener Seitenabstand von ca. 32 cm in der Regel zu gering ist.

Zwei Radfahrer fuhren auf einem etwa 2 m breiten Radweg zunächst hintereinander. Der hintere Radfahrer entschloss sich, den Vorausfahrenden zu überholen. Hierbei berührte er diesen mit der rechten Schulter. Der vorausfahrende Radfahrer stürzte hierdurch und verletzte sich schwer.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe vertritt die Auffassung, dass den Überholenden die volle Haftung am Zustandekommen des Unfalls trifft. Dieser habe beim Überholen entsprechend den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung einen so großen Seitenabstand einzuhalten, dass eine Gefährdung anderer ausgeschlossen ist. Radfahrer bräuchten allerdings nicht, wie es für Pkw-Fahrer vorgesehen ist, einen Abstand von eineinhalb bis zwei Metern einzuhalten. Ein überholender Radfahrer muss aber berücksichtigen, dass bei dem zu überholenden Radfahrer grundsätzlich mit mehr oder weniger unvermeidlichen Schwankungen zu rechnen ist. Weiterhin muss der Überholende berücksichtigen, dass der überholte Radfahrer nicht ausreichend durch Geräusche des sich rückwärts nähernden Radfahrers vorgewarnt ist. Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger hatte festgestellt, dass der überholende Radfahrer einen Seitenabstand von höchstens 32 cm eingehalten hatte. Das ist für ein gefahrloses Überholen allerdings nicht ausreichend. Ein Überholen ist nur dann sicher möglich, wenn der Überholende sicher davon ausgehen kann, dass er vom anderen Radfahrer wahrgenommen wird und dieser sein Fahrverhalten auf den Überholvorgang einrichtet.

Hinweis: Die Entscheidung des Gerichts macht deutlich, dass ein Radfahrer einen anderen Radfahrer nur dann überholen darf, wenn er sicher davon ausgehen kann, dass eine Gefährdung ausgeschlossen ist. Hierbei muss der Überholende insbesondere auch mit Schwankbewegungen des vorausfahrenden Radfahrers rechnen.


Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.05.2016 - 9 U 115/15
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 03/2017)

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