Aktuelle Rechtsinformationen[Inhalt] Betreuungsbedürftigkeit: Gerichte müssen sich laut BGH dezidiert mit Gründen, Lebensbereichen und Umfang auseinandersetzen Wird jemand unter Betreuung gestellt, ist dies ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen. Genau deshalb bedarf es stets einer sorgfältigen Prüfung und einer gründlichen Abwägung, und hierbei wird dem Bundesgerichtshof (BGH) regelmäßig die Rolle des gründlichen Wächters zuteil - wie auch im folgenden Fall. Die Frau, um deren Belange es hierbei ging, leidet an wahnhaften psychischen Störungen, bei denen sie immer wieder fremde Menschen in ihrer Wohnung wahrzunehmen meint. Deshalb hatte sie ihre Miete gemindert, was in der Folge wegen angehäufter Mietschulden zur Kündigung durch den Vermieter führte. Das zuständige Amtsgericht hat daraufhin eine Betreuung eingerichtet und die Betreuerin mit umfassenden Aufgabenkreisen bestellt. Die daraufhin durch die Betroffene eingereichte Beschwerde gegen diese Entscheidung hat das Landgericht als Beschwerdeinstanz zurückgewiesen - die Rechtsbeschwerde beim BGH war dagegen erfolgreich. Zweifelsfrei geht auch der BGH davon aus, dass die Betroffene in einem Maße beeinträchtigt ist, dass ein Betreuer bestellt werden muss. Aber es sei auch immer zu prüfen, in welchem Umfang die Betreuung einzurichten ist. Besteht Betreuungsbedürftigkeit, heißt dies nicht automatisch, dass gleich vollumfänglich und uneingeschränkt für alle Lebensbereiche ein Betreuer einzusetzen ist. Vielmehr ist zu überprüfen und genau festzuhalten, aus welchem Grund - also aufgrund welcher konkreten Umstände im Leben des Betroffenen -, für welche Lebensbereiche und in welchem Umfang die Betreuung erforderlich ist und angeordnet wird. Diese differenzierte Prüfung war im Vorfeld unterblieben und zu den näheren Umständen nichts aus der gerichtlichen Entscheidung ersichtlich. Deshalb hat der BGH die angefochtene Entscheidung aufgehoben und zur weiteren Aufklärung und Entscheidung zurückverwiesen. Hinweis: Die Betreuungsgerichte haben es schwer. Die Betroffenen sind sachlichen Argumenten gegenüber oft schwer zugänglich. Umso wichtiger ist es, genau hinzusehen und die Entscheidungen ausführlich sowie differenziert zu treffen und zu begründen. Quelle: BGH, Beschl. v. 10.06.2020 - XII ZB 25/20
(aus: Ausgabe 10/2020)
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