[Inhalt] Kündigungsrecht und Whistleblowing: Wie ein Arbeitnehmer gegen durch seinen Chef verursachte Missstände vorgehen darf Nicht immer kann ein Arbeitnehmer schadlos Strafanzeige gegen seinen Arbeitgeber stellen, denn dieser darf unter Umständen mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses reagieren. Eine Hauswirtschafterin hatte sich um zwei Kinder ihres Arbeitgebers im Alter von zehn Monaten und zwei Jahren zu kümmern. Die Eltern der Kinder kündigten das Arbeitsverhältnis während der Probezeit zum Ablauf derselbigen. Daraufhin stellte die Hauswirtschafterin Strafanzeige beim Jugendamt gegen die Eltern. Sie behauptete, das jüngere Kind sei verwahrlost. Die Eltern legten jedoch ein Attest des Kinderarztes vor, das bescheinigte, dass das Kind einen altersgemäß unauffälligen Untersuchungsbefund habe und nicht verwahrlost sei. Wegen der Strafanzeige kündigten die Eltern das Arbeitsverhältnis schließlich fristlos noch vor Ablauf der Probezeit. Gegen diese fristlose Kündigung klagte die Hauswirtschafterin. Das Landesarbeitsgericht Köln war der Auffassung, dass die fristlose Kündigung zu Recht erfolgt sei. Dabei hat es auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 21.07.2011 (Rs. 28274/08) berücksichtigt. Stets sind in diesen Fällen das Recht zur freien Meinungsäußerung und die schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers - hier der Eltern - abzuwägen. Vorliegend gab es für die Hauswirtschafterin andere, diskretere Mittel, gegen den angeblichen Missstand vorzugehen. Sie hätte hier zunächst intern klären müssen, ob eine Vernachlässigung des Kindes vorliegt. Erst danach hätte sie das Jugendamt einschalten dürfen. Hinweis: Sind mildere Mittel vorhanden als ein sogenanntes Whistleblowing, muss ein Arbeitnehmer erst diese nutzen. Das Stellen einer Strafanzeige darf stets nur das letzte Mittel sein. Quelle: LAG Köln, Urt. v. 05.07.2012 - 6 Sa 71/12
(aus: Ausgabe 01/2013)
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