[Inhalt] Geschwindigkeitsüberschreitung: Zweifel aufgrund möglicher Messauslösung durch optischen Effekt Wenn ein Sachverständiger in seinem Gutachten zu einer Geschwindigkeitsmessung zum Ergebnis kommt, dass ein äußerer optischer Effekt die Messung ausgelöst haben kann, ist es vertretbar, den Beklagten vom Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung freizusprechen. Dem Fahrer eines Pkw wurde eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen. Er berief sich darauf, dass möglicherweise ein äußerer optischer Effekt die Messung ausgelöst habe, was der vom Gericht bestellte Sachverständige nicht ausschließen konnte. Das Amtsgericht (AG) sprach den Betroffenen deshalb vom Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung frei. Das Oberlandesgericht Naumburg hat die Entscheidung des AG bestätigt. Auch wenn es sich bei der Messung mit dem verwendeten Geschwindigkeitsmessgerät (ESO 3.0) um ein standardisiertes Messverfahren handelt, führt dies nicht dazu, dass es einem Gericht untersagt ist, die von einem Sachverständigen geäußerten Zweifel zu teilen. Im hier zu entscheidenden Fall hat der Sachverständige festgestellt, dass sechs Messungen der Messreihe nicht nachvollzogen werden konnten. Damit ist die Vermutung korrekter und nachvollziehbarer Messungen hinsichtlich der gesamten Messreihe dieses Tages zumindest erschüttert. Wenn der Sachverständige weiterhin ausführt, im Fall des Fahrzeugs des Betroffenen sei nicht auszuschließen, dass ein äußerer optischer Effekt die Messung ausgelöst habe, ohne dass der Fahrer schuldhaft daran beteiligt war, ist es vertretbar, diesen freizusprechen. Hinweis: Bei standardisierten Messverfahren können Gerichte grundsätzlich ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen davon ausgehen, dass die Messungen korrekt erfolgt sind, wenn durch den Betroffenen keine konkreten Einwendungen erhoben wurden. Wie der vorliegende Fall zeigt, muss das Gericht allerdings bei konkreten Anhaltspunkten die Geschwindigkeitsmessung durch einen Sachverständigen überprüfen lassen. Quelle: OLG Naumburg, Beschl. v. 16.12.2014 - 2 Ws 96/14
(aus: Ausgabe 09/2015)
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