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Streckenlänge und Abstandsmaß: Geschwindigkeitsmessung durch Hinterherfahren ist strengen Voraussetzungen unterworfen

Eine zuverlässige Ermittlung der Geschwindigkeit eines Fahrzeugs kommt in der Regel nur in Betracht, wenn der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen nicht zu groß ist - was einem Abstand des halben bis max. ganzen Tachowerts entspricht - und die Messstrecke ausreichend lang ist (worunter als Richtwert das Fünffache des Tachowerts, zumindest aber 500 m zu verstehen sind).

Einem Autofahrer wurde vorgeworfen, außerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Geschwindigkeit um 44 km/h überschritten zu haben. Hierbei berücksichtigte die Behörde schon eine Toleranz von 20 %. Die Geschwindigkeitsübertretung wurde durch ein nachfolgendes Polizeifahrzeug ermittelt. Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen zu einer Geldbuße von 185 EUR und einem einmonatigen Fahrverbot.

Das Oberlandesgericht Koblenz hob das Urteil wieder auf und verwies die Angelegenheit an das Amtsgericht zurück. Zwar könne dem amtsgerichtlichen Urteil entnommen werden, dass eine Messstrecke von 1.500 m beachtet wurde. Es sei jedoch aus dem Urteil nicht ersichtlich, welcher Abstand zwischen dem Fahrzeug des Betroffenen und dem Polizeifahrzeug zum Zeitpunkt des Ablesens der Geschwindigkeit von 180 km/h bestand. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen zu Beginn der Nachfahrstrecke ca. 180 m betragen. Der Betroffene hat sein Fahrzeug allerdings stark beschleunigt, so dass er sich trotz maximaler Beschleunigung des Polizeifahrzeugs von diesem stetig absetzen konnte. Als der Betroffene am Ende der 1.500 m langen Strecke abgebremst hat, ist auf dem Polizeifahrzeug eine Geschwindigkeit von 180 km/h abgelesen worden. Um von der Geschwindigkeit eines Fahrzeugs auf die eines anderen schließen zu können, ist aber eine möglichst gleiche Geschwindigkeit beider Fahrzeuge erforderlich. Da sich das Polizeifahrzeug somit zum Zeitpunkt der Messung in einer Beschleunigungsphase befand, während der Wagen des Betroffenen abgebremst wurde, spricht vieles dafür, dass die gemessene Geschwindigkeit des Streifenwagens nicht derjenigen des Betroffenen entsprach.

Hinweis: In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Feststellung der Geschwindigkeit eines Kraftfahrzeugs durch Vergleich mit der Geschwindigkeit eines nachfahrenden Polizeifahrzeugs grundsätzlich eine genügende Beweisgrundlage für die Annahme einer Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit sein kann. Wie die Entscheidung zeigt, ist dies aber nur möglich, wenn bekannt ist, welche Länge die Messstrecke aufwies, welcher Abstand eingehalten wurde und in welchem Maße sich dieser auf der Messstrecke höchstens verringert hat.

OLG Koblenz, Beschl. v. 27.01.2016 - 1 OWi 4 SsBs 1/16

zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 02/2017)

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