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Gesundheitsverletzung: Schmerzensgeldanspruch nach dem Unfalltod naher Angehöriger

Bei der Geltendmachung von psychischen Beeinträchtigungen infolge des Unfalltods eines Angehörigen ist es von erheblicher Bedeutung, ob die Belastungen auf eine direkte Unfallbeteiligung oder das Miterleben eines Unfalls zurückzuführen sind oder ob sie durch den Erhalt einer Unfallnachricht ausgelöst wurden.

Ein Ehepaar befuhr mit seinen Motorrädern eine Landstraße, als ihnen in einer Kurve ein Pkw entgegenkam. Dessen Fahrer war erheblich alkoholisiert und überschritt zu dem Zeitpunkt die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 58 km/h. Folglich verlor er die Kontrolle über sein Fahrzeug, verfehlte den an erster Stelle fahrenden Motorradfahrer zwar knapp, kollidierte allerdings mit dessen Ehefrau, die dabei tödliche Verletzungen davontrug. Infolge des Unfalls begab sich der Witwer in ärztliche Behandlung, woraufhin ihm eine akute Belastungsreaktion diagnostiziert wurde. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers zahlte zunächst ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 EUR. Hiermit gab sich der Witwer jedoch nicht zufrieden und verlangte weitere 8.000 EUR.

Nachdem in den Vorinstanzen die Klage des Ehemannes abgewiesen wurde, hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Urteile aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Der BGH weist darauf hin, dass durch ein Unfallgeschehen ausgelöste, traumatisch bedingte psychische Störungen durchaus eine Gesundheitsverletzung darstellen können.

Dieser Grundsatz erfährt bei Schockschäden aber eine gewisse Einschränkung. Danach begründen seelische Erschütterungen (erfahrungsgemäße Zustände wie Trauer und seelischer Schmerz bei Hinterbliebenen eines Unfallopfers) nicht zwingend eine Gesundheitsverletzung - selbst wenn diese Erschütterungen von Störungen der psychologischen Abläufe begleitet werden oder sich medizinisch relevant auf die körperliche Befindlichkeit auswirken. So kann beispielsweise die Nachricht über den Unfalltod eines Angehörigen erhebliche psychische und körperliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen. Aber so tragisch solche Entwicklungen auch sind, führen solche Gesundheitsverletzungen nicht automatisch dazu, dass Schmerzensgeld zugesprochen wird.

Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen in den Augen des BGH aber nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Ehemann den Unfalltod seiner Frau unmittelbar miterleben musste und durch das grob verkehrswidrige Verhalten des Fahrers selbst gefährdet war. Der Mann hat also selbst unter Lebensgefahr gestanden und musste zudem im Rückspiegel mit ansehen, wie seine Ehefrau mit voller Wucht von dem entgegenkommenden Fahrzeug tödlich erfasst wurde.

Hinweis: In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass psychische Beeinträchtigungen infolge des Todes naher Angehöriger - mögen sie auch für die körperliche Befindlichkeit medizinisch relevant sein - nur dann als Gesundheitsverletzung angesehen werden, wenn sie pathologisch fassbar sind und über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen Hinterbliebene bei der Benachrichtigung vom tödlichen Unfall eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind.


Quelle: BGH, Urt. v. 27.01.2015 - VI ZR 548/12 
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 05/2015)

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