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Zumutbarkeit von Sicherungsvorkehrungen: Unterbliebene Gefahrenhinweise können für Waschanlagenbetreiber teuer werden

Wer sein Auto waschen lassen möchte, rechnet im seltensten Fall mit einer Beschädigung seines geliebten Gefährts. Umso größer ist verständlicherweise der Ärger, wenn das Auto kaputt statt sauber aus einer Waschanlage herauskommt. Für welche Schäden ein Betreiber einer Waschstraße jedoch aufkommen muss oder eben nicht, ist nicht selten eine Frage, die Gerichte zu klären haben; so auch im folgenden Fall, der bis vor dem Bundesgerichtshof (BGH) landete.

Ein Mann verlangte Schadensersatz wegen einer Beschädigung seines Fahrzeugs in einer Waschstraße, also einer vollautomatisierten Anlage, durch die die Fahrzeuge während des Waschvorgangs von einem Schleppband gezogen werden. Vor dem Auto des Klägers befand sich ein weiterer Pkw. Während des Waschvorgangs betätigte der Fahrer eben jenes Fahrzeugs grundlos die Bremse, wodurch dessen Auto aus dem Schleppband geriet und stehenblieb, während das Fahrzeug des Klägers weitergezogen und somit in den stehenden Wagen geschoben wurde.

Generell gilt nach Auffassung des BGH bei einem Vertrag über die Reinigung eines Fahrzeugs die Schutzpflicht des  Waschstraßenbetreibers, das Fahrzeug des Kunden beim Waschvorgang vor Beschädigungen zu bewahren. Nach den Feststellungen der Vorinstanz sind technische Sicherungsvorkehrungen, die ein Auffahren bei einem Bremsvorgang eines vorausfahrenden Fahrzeugs verhindern, bei Waschstraßen zwar grundsätzlich nicht üblich. Zudem ist eine ununterbrochene Überwachung der Anlage - sei es durch den Einsatz von Videoanlagen oder durch Mitarbeiter, die neben dem Schleppband mitlaufen - wegen des damit verbundenen technischen und personellen Aufwands nicht zumutbar und unverhältnismäßig. Jedoch muss der Betreiber in geeigneter Weise darauf hinwirken, dass kein Fehlverhalten vorkommt, wenn die Kunden bei der Nutzung der Anlage - zwar selten, aber vorhersehbar - nicht die notwendigen Verhaltensregeln einhalten.

Den Betreiber einer Waschstraße trifft deshalb die Pflicht, die Benutzer der Anlage in geeigneter und ihm zumutbarer Weise über die zu beachtenden Verhaltensregeln zu informieren. Ob der Betreiber diese Pflicht erfüllt und den Fahrer des vorausgefahrenen und schließlich stehengebliebenen Autos entsprechend informiert hat, hatte die Vorinstanz hier jedoch nicht geprüft. Und somit hat der BGH den Fall zur weiteren Aufklärung genau dorthin zurückverwiesen.

Hinweis: Der Betreiber einer Waschanlage muss nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnen. Es sind jedoch diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die nach den Umständen erforderlich und zumutbar sind. Die Zumutbarkeit von Sicherungsvorkehrungen bestimmt sich dabei unter Abwägung der Wahrscheinlichkeit der Gefahrverwirklichung, der Gewichtigkeit möglicher Schadensfolgen und der Höhe des Kostenaufwands, der mit den Sicherungsvorkehrungen einhergeht. Zu den gebotenen Sicherungsvorkehrungen kann, wie der Fall zeigt, auch die Erfüllung von Hinweispflichten gehören.


Quelle: BGH, Urt. v. 19.07.2018 - VII ZR 251/17
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 10/2018)

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