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Martin Klein
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Sonderfall im Bußgeldkatalog? Fahrzeugklasse "SUV" lässt keinen allgemeinen Rückschluss auf höhere Gefährdungslage zu

Das gute "Sport Utility Vehicle" - kurz SUV - spaltet die Gesellschaft wie kaum eine vorige Bauklasse unter den Kraftfahrzeugen. Entsprechend groß war das Interesse an einem Fall, den auch wir in der Vorinstanz bereits in unserer Septemberausgabe 2022 behandelt hatten: Dort hatte das Amtsgericht Frankfurt am Main (AG) den Betroffenen wegen eines Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt und dabei die vom Bußgeldkatalog vorgesehene Regelbuße von 200 EUR auf 350 EUR erhöht. Nun war das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit dem Fall in zweiter Instanz befasst.

Zur Begründung hatte das AG unter anderem auf die größere abstrakte Gefährdung durch das geführte Kraftfahrzeug verwiesen. Die kastenförmige Bauweise und die hohe Frontpartie erhöhten bei einem SUV das Verletzungsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer. Doch eben diese sehr allgemein gehaltene Argumentation war hier der Knackpunkt. Die Rechtsbeschwerde gegen die den Regelsatz übersteigende Geldbuße in Höhe von 350 EUR sowie das verhängte einmonatige Fahrverbot hatte im Ergebnis vor dem OLG zwar keinen Erfolg, da der Betroffene hier nicht zum ersten Mal auffällig wurde - nach den Ausführungen des Senats rechtfertigt allerdings die vom AG vorgenommene Argumentation keine Erhöhung der Regelbuße.

Der Bußgeldkatalog dient der gleichmäßigen Behandlung sehr häufig vorkommender, wesentlich gleich gelagerter Sachverhalte. Er soll eine Schematisierung herbeiführen, so dass grundsätzlich besondere Umstände des Einzelfalls zurücktreten. Nur ein deutliches Abweichen vom Normalfall rechtfertige deshalb eine Abweichung vom Bußgeldkatalog. Die Feststellung solcher außergewöhnlichen Umstände bedarf einer über die Benennung eines diffusen Fahrzeugtyps oder Modells hinausgehenden Betrachtung des Einzelfalls. Da die Gruppe der SUV sehr heterogen ist, erscheint zudem ein Schluss von der Gruppenzugehörigkeit auf gefahrrelevante Umstände nicht möglich. Schließlich ist die vom AG angenommene erhöhte Verletzungsgefahr nicht allgemeinkundig, sondern Gegenstand von Untersuchungen mit diametralen Ergebnissen.

Hinweis: Die Regelbuße beziehe sich auf einen nicht vorgeahndeten Betroffenen. Daher war hier die verhängte Geldbuße im Ergebnis gerechtfertigt - und zwar wegen der gravierenden Vorbelastung des Betroffenen.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 29.09.2022 - 3 Ss-OWi 1048/22
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 01/2023)

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