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Martin Klein
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BVerfG sieht keine Grundrechtsverletzungen: Zweijähriger Umgangsausschluss nach Kindeswohlprüfung im Ordnungsgeldverfahren rechtens

Sebstverständlich sollten gerichtliche Entscheidungen Verlässlichkeit geben. Dennoch gibt es Fälle, deren Umstände neu bewertet werden müssen, sobald sich besonders beim Verdacht der Kindeswohlgefährung neue Anhaltspunkte auftun. Was hier zuerst im Interesse eines Kindesvaters in Form eines titulierten Umgangs positiv bewertet, aber nach Auftauchen neuer Verdachtsmomente erst durch das Familiengericht des Amtsgerichts Lüdenscheid (FamG) und dann durch das Oberlandesgericht Hamm (OLG) revidiert wurde, trug der Mann schließlich vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vor. Zu Recht? Lesen Sie selbst.

Ein Vater hatte lange um Umgang mit seinem Kind gekämpft und im Mai 2020 wöchentlichen begleiteten Umgang erreicht. Die Mutter wirkte hieran jedoch erneut nicht mit, so dass die meisten der Termine ausfielen. Der Vater beantragte daher Zwangsvollstreckung und Ordnungsgeld gegen die Mutter. Im Laufe des Zwangsmittelverfahrens glaubte das FamG aber den Behauptungen der Mutter, dass es nach den wenigen Vater-Sohn-Kontakten immer zu Verhaltensauffälligkeiten des Kindes (Einnässen) gekommen war und dass das Kind den weiteren Umgang verbal ablehnte.

Es wurde daher ein neues Umgangsverfahren eingeleitet, in dem ein Sachverständiger tatsächlich eine Kindeswohlgefährdung durch den Umgang feststellte. Daraufhin schloss das OLG im Dezember 2020 den Umgang für zwei Jahre komplett aus. Hiergegen wandte der Vater sich an das BVerfG - allerdings erfolglos.

Normalerweise findet im Vollstreckungs- und Ordnungsmittelverfahren keine Kindeswohlprüfung mehr statt, weil die Rechtskraft eines Beschlusses sonst durchbrochen würde. Wenn der titulierte Umgang aber offenkundig mit einer Gefährdung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes (im Sinne des § 1666 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch) verbunden wäre, muss die Vollstreckbarkeit einer Entscheidung eingestellt werden, in einem neuen Verfahren das Kindeswohl geprüft und erneut über den Umgang entschieden werden. Das FamG und das OLG hatten das korrekt gehandhabt, weshalb das BVerfG keine Grundrechtsverletzung des Vaters sah.

Hinweis: Wie die meisten Verfassungsbeschwerden scheiterte auch diese daran, dass die Grundrechtsverletzung des Vaters nicht ausreichend begründet worden war. Das BVerfG prüft nicht selbst das Kindeswohl, sondern nur, ob Verfahrensfehler der Vorinstanzen zu Grundrechtsverletzungen geführt haben.


Quelle: BVerfG, Beschl. v. 10.11.2022 - 1 BvR 1496/22
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 02/2023)

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