Aktuelle Rechtsinformationen[Inhalt] Sachfremde Interessen: 240 Abmahnungen im Jahr sprechen klar für rechtsmissbräuchliches Verhalten Bei Abmahnungen liegt oft der Verdacht nahe, dass es sich dabei um die einzige Einnahmequelle des Absenders handelt, statt um einen Mittbewerber, der sich durch das abgemahnte widerrechtliche Vergehen benachteiligt sieht. Im folgenden Fall konnte die Beklagte durchatmen, denn hier konnte das urteilende Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) diesen Gedankengang durchaus nachvollziehen und setzte dem Abmahner endlich einmal deutliche Grenzen auf. Auf dem Onlineauftritt eines Reisebüro fehlte der Link zur europäischen Streitschlichtungsplattform im Onlinehandel, der jedoch für alle Händler Pflicht ist. Deshalb wurde das Reisebüro abgemahnt und schließlich auch wegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens sowie auf Ersatz entstandener Rechtsanwaltskosten verklagt - von einer GmbH, die laut Gericht "(...) wenn überhaupt - nur vorübergehend und in sehr speziellen Segmenten des Reisevermittlermarktes tätig ist". Und so wurde die Klage abgewiesen. Denn laut OLG sei es unzulässig, Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassen geltend zu machen, wenn dies vorwiegend dazu diene, einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Von einem Missbrauch ist auszugehen, wenn das beherrschende Motiv sachfremde und nicht schutzwürdige Interessen und Ziele sind. Und Anhaltspunkt dafür war hier, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden stand. Das abmahnende Unternehmen hatte nämlich bereits mehr als 240 Abmahnungen pro Jahr ausgesprochen. Und genau dieser Umstand deutete deutlich auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten hin. Deshalb hatte das beklagte Reisebüro trotz seines Fehlers Glück und musste keine Gelder zahlen. Hinweis: Aus diesem Urteil kann nur der Schluss gezogen werden, dass nach Erhalt einer Abmahnung der sofortige Weg zum Rechtsanwalt führen sollte. Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 12.11.2020 - 6 U 210/19
(aus: Ausgabe 02/2021)
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