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Recht auf freie Meinungsäußerung: Fristlose Kündigung eines Betriebsratsmitglieds nach öffentlicher Kritik unwirksam

Nicht alle Entscheidungen, die von der Führungsebene eines Unternehmens getroffen werden, stoßen bei den Angestellten auf Verständnis. Die Kritik an solchen Entscheidungen gehört zwar selten zum direkten Aufgabenbereich von Arbeitnehmern, jedoch ist sie auch nicht prinzipiell verboten. Es kommt nur entscheidend darauf an, wie diese Kritik geäußert wird.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hatte den Fall zu entscheiden, in dem ein Mitglied des Betriebsrats in einem Fernsehinterview Kritik an der Führung seines Unternehmens geäußert hatte. Gegen die daraufhin ausgesprochene fristlose Entlassung setzte sich der Arbeitnehmer zur Wehr. Nach Auffassung des Gerichts zu Recht.

Das sogenannte "Ultima-Ratio-Prinzip" gebietet die Prüfung, ob für den Arbeitgeber in der konkreten Situation ein milderes Mittel - wie etwa eine Abmahnung oder die Einhaltung der Kündigungsfrist - zumutbar gewesen wäre. Eine fristlose Kündigung muss demzufolge stets das letzte Mittel sein. Nach Auffassung des Gerichts war die Äußerung der Kritik während des Interviews von dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Die Grenze sei erst erreicht, wenn konkrete Gefahren für Betriebsabläufe oder für die Außenwirkung des Unternehmens drohen. Und selbst dann müssten die Reaktionen oder Sanktionen des Arbeitgebers dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen.

Hinweis: Auch wenn es sich in diesem Fall um ein Mitglied des Betriebsrats gehandelt hat, das einem besonderen Kündigungsschutz unterliegt, gelten die Grundsätze des Gerichts im Wesentlichen auch für "normale" Angestellte. Diese müssen allerdings noch stärker darauf achten, wann sie welche Kritik an ihrem Arbeitgeber äußern.


Quelle: LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.07.2011 - 6 Sa 713/10
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 01/2012)

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