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Anschnall- oder Abschnallpflicht: Sicherung des eigenen Lebens und der Unfallstelle hat Vorrang

Wer ein Auto im Straßenverkehr führt, ohne angeschnallt zu sein, haftet in der Regel zumindest teilweise für bei einem Verkehrsunfall selbsterlittene Schäden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte jüngst einen Fall zu entscheiden, in dem eine Autofahrerin auf der Autobahn aus ungeklärten Gründen die Gewalt über ihr Fahrzeug verlor und gegen die Mittelleitplanke stieß. Anschließend stieg sie aus und ließ das Auto unbeleuchtet auf der linken Fahrspur stehen. Daraufhin prallte ein anderer Fahrer mit seinem Auto in das unbeleuchtete Fahrzeug, wobei sie schwer verletzt wurde.

Die Geschädigte machte Schadenersatz unter Berücksichtigung ihres Mitverschuldens geltend - mit Erfolg. Der BGH sah keinen Verstoß der verletzten Autofahrerin. Sie sei nicht nur berechtigt gewesen, ihren Gurt zu lösen, um ihr Fahrzeug verlassen und sich in Sicherheit bringen zu können. Sie sei sogar dazu verpflichtet gewesen - auch zu dem Zweck, die Unfallstelle zu sichern.

Hinweis: Kurios, aber wahr: Der BGH musste in dieser Sache entscheiden, weil die Vorinstanz ein Mitverschulden der verletzten Autofahrerin darin gesehen hatte, dass sie zum Unfallzeitpunkt nicht mehr angeschnallt gewesen war. Sie hatte sich in Sicherheit bringen wollen und sich damit so verhalten, wie es Automobilclubs, Fahrschulen und Polizeibeamte immer wieder empfehlen.


Quelle: BGH, Urt. v. 28.02.2012 - VI ZR 10/11
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 04/2012)

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