[Inhalt]
[Vorheriger Text][Nächster Text]

Definitionsfrage Arbeitszeugnis: Arbeitnehmer hat Anrecht auf durchschnittliche Bewertung mit der Note "Gut"

Über Zeugnisse lässt sich trefflich streiten. Bisher hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) angenommen, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf eine durchschnittliche Bewertung - also ein "Befriedigend" - hat. Dem hat das Arbeitsgericht Berlin (ArbG) nun widersprochen.

Eine Arbeitnehmerin hatte ein befriedigendes Zeugnis erhalten, verlangte aber eine bessere Leistungsbeurteilung mit dem entsprechenden Passus "stets zu unserer vollen Zufriedenheit". Bislang galt dabei folgendes Prinzip: Möchte ein Arbeitnehmer ein besseres als ein lediglich durchschnittliches Zeugnis haben, muss er Tatsachen darlegen und beweisen, dass diese Beurteilung gerechtfertigt ist. Stellt der Arbeitgeber ein schlechteres als ein durchschnittliches Zeugnis aus, muss er seinerseits die Gründe darlegen und nachweisen, die eine solche Beurteilung rechtfertigen. Beides ist jedoch in der Praxis ausgesprochen schwierig zu bewerkstelligen.

Bisher war das BAG der Auffassung, dass als sogenannte durchschnittliche Beurteilung ein "Befriedigend" gilt. Dagegen hat sich nun das ArbG gewandt, das heutzutage als "durchschnittliche" Beurteilung ein "Gut" wertet. Denn nach empirischen Erkenntnissen enden mittlerweile nahezu 87 % aller Zeugnisse mit dieser Benotung. Daher war das ArbG der Auffassung, dass Arbeitnehmern nicht länger der Nachweis auferlegt werden kann, die Darlegungs- und Beweislast für ein als gut zu bewertendes - und laut Definition durchschnittliches - Zeugnis zu tragen. 

Hinweis: Auch wenn es sich nur um ein erstinstanzliches Urteil handelt: Es spricht viel dafür, dass das Urteil des ArbG richtig ist. Es bleibt abzuwarten, wie sich die höheren Gerichte zu diesem Thema äußern werden.


Quelle: ArbG Berlin, Urt. v. 26.10.2012 - 28 Ca 18230/11
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 03/2013)

[Vorheriger Text][Nächster Text]
[Inhalt]

 

[Startseite] [Archiv]