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Fahrradhelmfrage: Wegweisende Entscheidung zu Mitverschulden bei Kopfverletzungen steht aus

Ein Radfahrer muss sich nur in Ausnahmefällen ein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms anrechnen lassen.

Ein Radfahrer überholte eine Radfahrerin, als diese links in ein Grundstück einbiegen wollte. Es kam zu einer Berührung, wobei sich der Überholende, der keinen Fahrradhelm trug, schwere Kopfverletzungen zuzog. Von der Haftpflichtversicherung der beteiligten Radfahrerin verlangte der Radfahrer Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle (OLG) haftet die abbiegende Radfahrerin zu 100 %. Sie hat insbesondere gegen die doppelte Rückschaupflicht verstoßen. Diese gilt nicht nur für Pkw-Fahrer, sondern auch für Radfahrer. Die Radfahrerin war verpflichtet, den beabsichtigten Abbiegevorgang mit Handzeichen anzuzeigen, sich entsprechend einzuordnen sowie vor dem Einordnen und nochmals vor dem Abbiegen durch Schulterblick auf den nachfolgenden Verkehr zu achten. Der Beweis des ersten Anscheins spricht somit für das Alleinverschulden der Radfahrerin. Den verletzten Radfahrer trifft kein Verschulden, auch kein Mitverschulden. Es konnte weder ein Fahrfehler festgestellt werden, noch war der Radfahrer verpflichtet, seine Überholabsicht durch Klingeln, Rufen oder andere Warnzeichen anzukündigen. Ein Mitverschulden ergibt sich auch nicht daraus, dass er keinen Fahrradhelm trug. Eine derartige Verpflichtung besteht nur für sportlich ambitionierte Radfahrer, z.B. Rennradfahrer.

Hinweis: Die Entscheidung des OLG steht in Widerspruch zu einem Urteil des OLG Schleswig. Das Gericht ging in dem dort entschiedenen Fall davon aus, dass die Radfahrerin ein Mitverschulden von 20 % trifft, weil sie keinen Fahrradhelm trug. Vermutlich im Juni 2014 wird der Bundesgerichtshof sich zu der Frage äußern, ob ein Mitverschulden zu berücksichtigen ist, wenn es zu schweren Kopfverletzungen kommt, weil ein Fahrradhelm nicht getragen wurde.


Quelle: OLG Celle, Urt. v. 12.02.2014 - 14 U 113/13
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 05/2014)

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