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Lohnwucher: 17.000 EUR Nachzahlung für achtmonatiges "Schnupperpraktikum\"

Ein Praktikum soll dem Wohl beider Seiten dienen: Der Praktikant sieht, was ihn künftig erwartet, und der Arbeitgeber kann seinem Auszubildenden in spe schon einmal auf den Zahn fühlen. Geld gibt es für ein solches Praktikum meist nicht. Was aber, wenn das Praktikum Monate andauert?

Eine Praktikantin absolvierte ein unentgeltliches "Schnupperpraktikum" in einem  Lebensmittelgeschäft. Sie arbeitete wie eine Verkäuferin, räumte unter anderem Waren ein und aus, kassierte und putzte - acht Monate lang! Dann wurde ihr das wohl zu viel und sie verlangte eine Bezahlung für die von ihr geleisteten 1.728 Arbeitsstunden, insgesamt über 17.000 EUR brutto. Als sie das Geld nicht erhielt, zog sie vor das Arbeitsgericht Bochum. Und dieses gab ihr vollständig Recht. Sie hat in erheblichem Umfang wirtschaftlich verwertbare Leistungen erbracht, für die das Lebensmittelgeschäft sonst eine bezahlte Arbeitskraft hätte beschäftigen müssen. Sie wurde wie eine vollwertige Arbeitnehmerin in den Betrieb eingegliedert und war weisungsgebunden. Die Vereinbarung der Unentgeltlichkeit erfüllt den Tatbestand des Lohnwuchers. Sie war deshalb sittenwidrig und somit unwirksam.

Hinweis: Es bestand zwischen den Parteien kein unentgeltliches Praktikums-, sondern ein vergütungspflichtiges Arbeitsverhältnis. Die Bezeichnung als "Praktikum" war unbeachtlich. Unentgeltliche Praktika dürfen also nur für eine kurze Dauer vereinbart werden.


Quelle: ArbG Bochum, Urt. v. 25.03.2014 - 2 Ca 1482/13
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 07/2014)

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