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Gesteigertes Informationsinteresse : Publizistische Verwertung verräterischer E-Mails eines Politikers

Stellen Sie sich vor, Sie verlieren Ihren Laptop und ein anderer verwendet darauf befindliche Daten gegen Sie.

Ein Mitglied eines Landtags, das Finanzminister und später Innenminister war, hatte mit einer seiner Mitarbeiterinnen eine außereheliche Beziehung. Aus der Beziehung ging eine gemeinsame Tochter hervor. Auf Antrag der Mutter erhielt das Kind Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz, da der Vater angeblich nicht bekannt war. Sodann kam der private Laptop des Ministers abhanden. Darauf befand sich auch E-Mail-Korrespondenz zwischen ihm und der Kindesmutter. Diese E-Mails wurden Redakteuren zugespielt, die ein Interview mit dem Minister führten und ihm vorhielten, dass er der Vater des Kindes sei, keinen regelmäßigen Unterhalt zahle und der Verdacht des Sozialbetrugs bestehe. Der Minister erwirkte daraufhin eine einstweilige Verfügung, durch die untersagt wurde, vier E-Mails wörtlich oder sinngemäß publizistisch zu nutzen. Als dies trotzdem geschah, klagte der inzwischen zurückgetretene Minister - allerdings erfolglos.

Der Bundesgerichtshof wies die Klagen ab. Die E-Mails wurden nicht durch einen vorsätzlichen Rechtsbruch verschafft, um sie zu publizieren. Die Informationen, deren Wahrheit der Ex-Minister nicht infrage stellte, hatten einen hohen Öffentlichkeitswert. Sie offenbarten einen Missstand von erheblichem Gewicht, an dessen Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse bestand. Als Minister sowie als Landtagsabgeordneter gehörte der Kläger zu den Personen des politischen Lebens, an deren Verhalten unter dem Gesichtspunkt demokratischer Transparenz und Kontrolle ein gesteigertes Informationsinteresse bestand.

Hinweis: Die Verwertung fremder E-Mails eines Politikers zur Berichterstattung über die Geburt einer unehelichen Tochter sowie die mögliche Erschleichung von Sozialleistungen kann trotz Eingriffs in die Vertraulichkeitssphäre gerechtfertigt sein, wenn ein überragendes öffentliches Interesse besteht.


Quelle: BGH, Urt. v. 30.09.2014 - VI ZR 490/12
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 11/2014)

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