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Trotz Verkehrssicherheit: Erstattung von doppelten Abschleppkosten

Abschleppkosten können auch dann ersetzt verlangt werden, wenn das beschädigte Fahrzeug fahrbereit und verkehrssicher war.

Ein Fahrzeughalter geriet unverschuldet in einen Verkehrsunfall. Dieser ereignete sich an einem Samstagnachmittag, so dass der Geschädigte das Fahrzeug zunächst auf das Gelände des Abschleppunternehmens bringen ließ. Dort wurde es von einem Sachverständigen begutachtet. Anschließend ließ der Geschädigte das Fahrzeug zu seiner Reparaturwerkstatt bringen, wo es dann repariert wurde. Von der gegnerischen Haftpflichtversicherung verlangt der Kläger die Erstattung der Abschleppkosten. Die Bezahlung wurde mit dem Argument verweigert, dass das Fahrzeug fahrbereit war und ein Abschleppen somit nicht notwendig gewesen sei.

Nach Auffassung des Amtsgerichts Halle-Saalkreis hat der Geschädigte dennoch Anspruch auf Erstattung der Abschleppkosten in voller Höhe. Dem Geschädigten war eine Nutzung des beschädigten Fahrzeugs im Straßenverkehr nicht zumutbar. Das Fahrzeug war zwar fahrbereit und gemessen an den HU-Richtlinien auch "verkehrssicher". Ein Sachverständiger stellte allerdings fest, dass sich der äußerst fehlgestellte Stoßfänger jederzeit hätte lösen und auf die Fahrbahn fallen können, was zu einer Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs geführt hätte. Der Geschädigte war daher berechtigt, das Fahrzeug durch ein Abschleppunternehmen abschleppen zu lassen.

Hinweis: Grundsätzlich sind Abschleppkosten zu erstatten. Vorliegend hat der Geschädigte sein Fahrzeug allerdings zunächst zum Abschleppunternehmer bringen lassen und erst anschließend in die Werkstatt. Das Gericht hat hier einen Verstoß gegen die bestehende Schadensminderungspflicht deshalb abgelehnt, weil sich der Verkehrsunfall an einem Samstagnachmittag ereignet hatte und zu diesem Zeitpunkt die Werkstatt bereits geschlossen war.


Quelle: AG Halle-Saalkreis, Urt. v. 11.06.2014 - 102 C 1948/12
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 01/2015)

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