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Rückwärtsfahrer aufgepasst: Haftungsverteilung nach Ausparkunfall in privater Tiefgarage

Auf dem Privatgelände einer Tiefgarage mit Stellplätzen sind die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO) grundsätzlich nicht anwendbar.

In einer privaten Tiefgarage kam es zu einem Verkehrsunfall. Ein Fahrer parkte rückwärts aus und kollidierte hierbei mit einem beleuchteten Pkw, der den Durchfahrtsbereich der Tiefgarage Richtung Ausfahrt befuhr. Bei dieser Kollision wurde das hintere linke Seitenteil des ausparkenden Pkw beschädigt. Dessen Halter machte nun gegen seinen Unfallkontrahenten 100%igen Schadensersatz geltend.

Das Landgericht Heidelberg sprach dem Geschädigten allerdings nur ein Drittel des ihm entstandenen Schadens zu. Es hatte sich vor seiner Entscheidung die Tiefgarage angesehen und daher in seinem Urteil ausgeführt, dass es sich bei der Tiefgarage um ein Privatgelände handelt, das dem öffentlichen Verkehr nicht eröffnet ist. Auch wegen des fehlenden Hinweises auf die Regeln der StVO waren deren Vorschriften demnach nicht anwendbar.

Das Gericht vertritt allerdings die Auffassung, dass alle Benutzer der Tiefgarage eine Pflicht zur gesteigerten Rücksichtnahme trifft. Da Parkplätze dem ruhenden Verkehr dienen, trifft der dort rückwärts Ausparkende nicht auf fließenden Verkehr, sondern auf Benutzer einer Parkplatzfahrbahn. Weiterhin führt das Gericht aus, dass auf privaten Parkplätzen den rückwärts Fahrenden eine höhere Sorgfaltspflicht im Vergleich zu jener des die Parkplatzfahrbahn befahrenden Fahrzeugführers trifft. Denn beim Rückwärtsfahren sind die Sichtverhältnisse gegenüber dem Vorwärtsfahren erheblich eingeschränkt, so dass diesem Fahrmanöver eine höhere Gefahr als dem Vorwärtsfahren innewohnt.

Hinweis: Auch auf Privatparkplätzen gilt grundsätzlich das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Gerade der vermeintlich Vorfahrtberechtigte muss im Bereich von Parkplätzen mit Vorfahrtsverletzung rechnen und hierauf seine Fahrweise einstellen. Wegen der ständig zu erwartenden Parkvorgänge darf nur so schnell gefahren werden, dass jederzeit angehalten werden kann.


Quelle: LG Heidelberg, Urt. v. 20.02.2015 - 3 O 93/14 
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 06/2015)

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