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Kündigung von Bausparverträgen: Auch Bausparkassen haben ein Recht auf Interessenausgleich und Schutz

Ein weiteres Oberlandesgericht hat sich mit der praxisrelevanten Frage der Kündigung von Alt-Bausparverträgen auseinandergesetzt - hier am Ende mit einem Urteil zugunsten der Bausparkassen.

Eine Bausparerin hatte im Jahr 1984 einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 10.000 DM abgeschlossen, der 1992 auf eine Bausparsumme von 50.000 DM erhöht wurde. Das Bausparguthaben wurde mit jährlich 3 % verzinst. Der Bausparvertrag soll vertragsgemäß zugeteilt werden, wenn seit dem Vertragsabschluss mindestens 18 Monate vergangen sind, eine bestimmte Bewertungszahl erreicht oder ein Bausparguthaben von mindestens 40 % der Bausparsumme angespart wurde. Zudem war in den Geschäftsbedingungen geregelt, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen kann, solange der Bausparer seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt.

Bereits im Jahr 2000 lagen die Zuteilungsvoraussetzungen des Vertrags vor, die Bausparerin machte von ihrem Zuteilungsrecht aber keinen Gebrauch und verzichtete auf die Auszahlung des Bauspardarlehens. Auf ihre Veranlassung hin wurden in der Folgezeit monatlich 40 EUR vermögenswirksame Leistungen auf den Bausparvertrag überwiesen. Dann kündigte die Bausparkasse den Vertrag. Das Bausparguthaben betrug in der Zeit knapp 19.000 EUR. Gegen diese Kündigung klagte die Frau - vergeblich.

Das Kündigungsrecht stand der Bausparkasse als Darlehensnehmerin während der Ansparphase zu. Laut Gesetz kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit einem gebundenen Sollzins in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen. Der Zweck der betreffenden Vorschrift liegt im Interessenausgleich und im Schutz des Darlehensnehmers. Durch die Vorschrift sollen marktgerechte Zinsen ermöglicht werden. Sie gilt für alle Arten von Darlehensverträgen, also auch für das hier vorliegende Darlehen aus dem Bausparvertrag. Und: Sie gilt nicht nur zugunsten von Verbrauchern, sondern auch zugunsten anderer Darlehensnehmer (z.B. der Bausparkassen).

Hinweis: Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm ist mit dieser Entscheidung seiner bisherigen Rechtsprechung treu geblieben. Allerdings ist die Rechtsprechung nicht einheitlich und es werden - zum Beispiel vom OLG Stuttgart - durchaus auch andere Ansichten vertreten.


Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 22.06.2016 - 31 U 234/15; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.03.2016 - 9 U 171/15; OLG Stuttgart, Urt. v. 04.05.2016 - 9 U 230/15
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2016)

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