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Mess- und Eichgesetz: Lückenhafte "Lebensakte" eines Messgeräts führt zur Einstellung des Bußgeldverfahrens

Gegen einen Pkw-Fahrer wurde das Bußgeldverfahren wegen eines von ihm begangenen Abstandsverstoßes eingestellt, weil die Ordnungsbehörde keine vollständige "Lebensakte" des betreffenden Messgeräts vorlegen konnte. Das Mess- und Eichgesetz schreibt eine solche Art Lebenslauf für Messgeräte jedoch zwingend vor, um lückenlos alle Wartungen, Reparaturen und Eichunterlagen nachvollziehen zu können.

Ein Pkw-Fahrer wurde wegen einer Abstandsunterschreitung zu einem Bußgeld verurteilt. Gegen dieses legte er Einspruch ein und forderte über seine Anwältin Akteneinsicht bei der Behörde. Die Verteidigerin stellte nach Akteneinsicht fest, dass sich in der Ermittlungsakte nicht die nach dem Mess- und Eichgesetz zu führende Lebensakte befand. Auf ihre Bitte hin, ihr diese Lebensakte zur Verfügung zu stellen, wurde dies nicht gewährt. Nachdem das Amtsgericht Castrop-Rauxel (AG) einen Termin zur Hauptverhandlung über den Einspruch anberaumt hatte, legte die Ordnungsbehörde noch vor dem Termin eine Lebensakte vor, die jedoch lediglich Eichscheine der letzten fünf Jahre enthielt. Die Anwältin des Betroffenen monierte dies und erklärte darüber hinaus, dass es bei dem Messgerät zwischenzeitlich einen Softwarewechsel gegeben habe, der in der Lebensakte nicht dokumentiert war.

Das AG stellte daraufhin das Verfahren gegen den Betroffenen ein. Nach den Feststellungen des Gerichts war im vorliegenden Fall die vorgeschriebene Lebensakte nicht ordnungsgemäß geführt worden. Das Gericht hielt es für ausgeschlossen, dass binnen fünf Jahren lediglich die dokumentierten Eichungen angefallen seien. Aus zahlreichen anderen Verfahren, in denen Lebensakten geführt und von den Behörden vorgelegt worden waren, ist bekannt, dass durchaus immer wieder Besonderheiten bei Messgeräten auftreten, die dokumentiert werden müssen. Auch auf Nachfrage des Gerichts konnte die Behörde neben einer lediglich tabellarischen Dokumentation der Eichpflicht keine weitere Aufklärung aufweisen, so dass das Verfahren insgesamt eingestellt wurde.

Hinweis: Seit dem 01.01.2015 regelt das neue Mess- und Eichrecht, dass die Ordnungsbehörden verpflichtet sind, eine Lebensakte für das Messgerät zu führen. In diese Lebensakte sind neben den vorgeschriebenen Eichungen alle Besonderheiten des Geräts zu dokumentieren, wie Reparaturen, sichtbare Beschädigungen oder auch Softwarewechsel.


Quelle: AG Castrop-Rauxel, Beschl. v. 15.07.2016 - 6 OWi262 Js458/16 - 62/16
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 09/2016)

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