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Zugewinnausgleich statt Erbe: Eine Ehe gilt erbrechtlich als geschieden, sobald der Verstorbene der Scheidung zugestimmt hatte

Stirbt ein Ehegatte, wird der andere allein oder gemeinsam mit anderen zum Erbe, sofern kein anderslautendes Testament vorliegt. Ist die Ehe zum Zeitpunkt des Todes geschieden, erlischt das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten. Was aber ist, wenn zum Zeitpunkt des Todes die Ehegatten getrennt leben und ein Scheidungsverfahren bei Gericht anhängig ist, die Scheidung aber noch nicht ausgesprochen wurde?

Mit der Klärung dieser Frage wurde das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) beauftragt. Im Jahr 2000 war im betreffenden Fall die Eheschließung erfolgt; im Juli 2007 kam es zur Trennung. Ende August 2008 stellte die Frau den Scheidungsantrag, Ende September 2008 der Mann. Die finanzielle Auseinandersetzung gestaltete sich im Verlauf schließlich schwierig und im Mai 2009 machte die Frau im Scheidungsverfahren ergänzend Unterhalt für die Zeit nach der Scheidung geltend. Dann beantragten beide Ehegatten das Ruhen des Verfahrens, um die finanziellen Folgen der Scheidung außergerichtlich klären zu können. Die Verhandlungen hatten noch kein konkretes Ergebnis gebracht, als der Mann im November 2015 starb.

Das OLG befand, dass die Ehegatten in dieser Situation erbrechtlich wie geschieden zu behandeln waren. Das Gesetz bestimmt, dass Ehegatten mit Blick auf die erbrechtlichen Folgen wie geschieden gelten, sobald zwischen ihnen die Voraussetzungen der Scheidung vorliegen und der verstorbene Gatte die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Das war hier der Fall. Die Verzögerung von sechseinhalb Jahren, in der es seit Antragstellung noch nicht zur Scheidung gekommen war, behandelte das Gericht als nicht beachtlich, um an diesem Ergebnis zu rütteln. Schließlich waren Verhandlungen um die Folgen der Scheidung der Grund der Verzögerung - nicht etwa Versöhnungsversuche oder sonstige Bemühungen, die Ehe zu retten.

Da damit der Frau keine erbrechtlichen Ansprüche nach Ableben des Mannes zustanden, konnte sie vom Erben des Mannes stattdessen Zugewinnausgleich verlangen.

Hinweis: Die Konsequenzen im Fall des Todes eines Ehegatten während des Scheidungsverfahrens sind unterschiedlich. Fachkundiger Rat ist in solch einer Situation ratsam.


Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.09.2017 - II-6 UF 30/17
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 05/2018)

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