[Inhalt] Zur Duldung verurteilt: BGH konkretisiert Bewertungsmaßstab bei Beschwer durch Vermieter nach Anbringung eines Transparents Der Bürgerprotest erfährt auch im Mietrecht seine Rennaissance. Wie ein daraus entstehender Schaden des Vermieters korrekt bemessen werden muss, klärte der Bundesgerichtshof (BGH) im folgenden Fall. Ein Haus in Berlin wechselte den Eigentümer. Als die Zwangsräumung drohte, hängten Mieter Transparente auf. Nach der Räumung eines Ladens im Erdgeschoss forderte die neue Eigentümerin - eine in Luxemburg ansässige Kapitalgesellschaft -, die Mieter im Obergeschoss auf, die Transparente zu entfernen. Dem kamen sie auch nach, klagten jedoch gleichzeitig gegen die Eigentümerin auf Duldung der Befestigung eines neuen Transparents an der gemieteten Wohnung. Diese Klage gewannen sie und das Amtsgericht (AG) setzte den Gebührenstreitwert auf 500 EUR fest. Damit war gegen das Urteil keine Berufung mehr möglich, da das erst ab einem Wert von 600 EUR geht. Dagegen zog die neue Eigentümerin bis vor den BGH. Der BGH befand, dass die Wertgrenze von 600 EUR in jedem Fall überstiegen worden war. Die sogenannte Beschwer der Vermieterin richtet sich nach dem Wertverlust, den sie durch die Beeinträchtigung der Substanz und/oder des optischen Gesamteindrucks ihres Hauses erleidet. Zudem ist bei der Bemessung der durch die Eigentumsstörung verursachten Beschwer der Vermieterin zu berücksichtigen, ob der Text des Transparents, Banners oder Plakats den Eindruck erwecken kann, die Vermieterin missachte Mieterinteressen. Hier hatte das vorinstanzliche Gericht nicht erkannt, dass durch das großflächige und auffällig an der straßenseitigen Fassade angebrachte Transparent eine schwerwiegende optische Beeinträchtigung vorlag, die bereits für sich genommen mit einem Betrag deutlich über dem Beschwerdewert von 600 EUR zu bewerten war. Hinweis: Eine Berufung gegen ein Urteil eines AG ist in der Regel nur möglich, wenn ein bestimmter Wert überschritten wird. Auch deshalb sollte bereits in der ersten Instanz viel Wert auf ein sorgfältiges Verfahren gelegt werden. Quelle: BGH, Beschl. v. 21.05.2019 - VIII ZB 66/18
(aus: Ausgabe 09/2019)
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