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Wegen Unverhältnismäßigkeit: Unwirksame Kündigung wegen Aufladens eines Elektrorollers im Büro

Der jetzt 41-jährige Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.08.1990 beschäftigt, zuletzt als Netzwerkadministrator. Im Mai 2009 hatte er sich für einige Tage einen Elektroroller gemietet, den er auch am Freitag, den 15.05.2009, zur Fahrt in den Betrieb nutzte. Dort schloss er den Roller im Vorraum des Rechenzentrums der Beklagten an eine Steckdose an, um den Akku aufzuladen. Nachdem der Roller ca. anderthalb Stunden aufgeladen worden war, nahm der Kläger den Akku vom Stromnetz, nachdem er von einem Vorgesetzten dazu aufgefordert worden war. Durch das Aufladen des Akkus waren in der Zwischenzeit Stromkosten in Höhe von etwa 1,8 Cent entstanden.

Mit Schreiben vom 27.05.2009 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer fristlos sowie hilfsweise fristgerecht zum 30.11.2009, denn der Arbeitnehmer habe ein Vermögensdelikt zu ihrem Nachteil begangen, weil er heimlich auf ihre Kosten seinen privaten Elektroroller am Stromnetz aufgeladen habe.

Das Landesarbeitsgericht entschied letztlich zugunsten des Arbeitnehmers, indem es die Kündigung für unwirksam hielt. Es hat eine Interessenabwägung vorgenommen, welche zu Lasten der beklagten Arbeitgeberin ausgefallen ist. Berücksichtigt hat das Gericht dabei den geringen Schaden von 1,8 Cent, die 19-jährige Beschäftigung des Arbeitnehmers und nicht zuletzt den Umstand, dass im Betrieb Handys aufgeladen und elektronische Bilderrahmen betrieben wurden. Dagegen hatte die Arbeitgeberin aber nicht eingegriffen. Daher hätte anstelle der Kündigung zunächst eine Abmahnung des Arbeitnehmers erfolgen müssen.

Hinweis: Um gar nicht erst in eine solche Situation zu kommen, sollten Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber zuerst um Erlaubnis fragen, beispielsweise ein privates Handy oder einen MP3-Player am Arbeitsplatz aufladen zu dürfen. Denn hier ist die Kündigung letztlich unter anderem nur aufgrund des geringen Schadens und seiner langen Betriebszugehörigkeit für unwirksam erklärt worden.


Quelle: LAG Hamm, Urt. v. 02.09.2010  - 16 Sa 260/10
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 10/2010)

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