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Unterhalt: Erziehungsberechtigter muss arbeiten, sobald Betreuungsmöglichkeit für Kind besteht

Nach der Scheidung der Eltern besteht in der Regel die Situation, dass ein Elternteil die Erziehung des Kindes übernimmt und der andere Unterhalt zahlen muss. Eine zentrale Frage dabei ist, ob, wann und in welchem Umfang der betreuende Elternteil arbeiten gehen muss, um zum Unterhalt des Kindes beizutragen.

Bislang entschieden die Gerichte in Bezug auf den nachehelichen Unterhalt für die Betreuung des Kindes anhand des sogenannten "Altersphasenmodells", welches einzig auf das Alter des Kindes abstellte. Andere Aspekte - wie etwa die Möglichkeit einer Fremdbetreuung - waren hierbei nicht vorgesehen.

Dieser gerichtlichen Praxis hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun einen Riegel vorgeschoben. Sofern Betreuungsmöglichkeiten für das Kind bestehen, sei dem betreuenden Elternteil zuzumuten, sich um eine Arbeitsstelle zu bemühen und so ebenfalls zum Lebensunterhalt des Kindes beizutragen. Jedoch bestehe vor Vollendung des dritten Lebensjahres keine Pflicht zur Arbeitssuche (sogenannter "Basisunterhalt"). Danach müssen im Einzelfall die Möglichkeiten einer Fremdbetreuung, die Belange der Eltern und nicht zuletzt die des Kindes abgewogen werden. Eine Verlängerung des Basisunterhalts nach dem dritten Lebensjahr müsse durch das Kindeswohl erforderlich sein.

Hinweis: Das Altersphasenmodell sah eine Staffelung in der Form vor, dass sich der betreuende Elternteil bis zur Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes nicht um eine Erwerbstätigkeit bemühen musste. Mit dem Besuch der dritten Grundschulklasse war eine Halbtagstätigkeit zumutbar und ab dem 15. oder 16. Lebensjahr eine Ganztagstätigkeit. Bei mehr als einem Kind musste erst ab dem 14. oder 15. Lebensjahr eine Teilzeittätigkeit aufgenommen werden. Nach der BGH-Entscheidung ist die Unterhaltsfrage nun noch ein wenig komplizierter, so dass der Gang zum Anwalt fast schon zur Pflicht geworden ist.


Quelle: BGH, Urt. v. 01.06.2011 - XII ZR 45/09
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 11/2011)

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