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Sprechchöre im Arbeitskampf: Zugespitzte Äußerungen werden von Meinungsfreiheit geschützt

Während eines Streiks ist mehr Meinungsfreiheit erlaubt als sonst. Die Grenze hat nun das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG) gezogen.

Ein Unternehmen streifte seine Tarifverträge ab und wechselte innerhalb des Arbeitgeberverbandes in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung. Es kam daraufhin zu einem Arbeitskampf, bei dem Arbeitnehmer und Gewerkschaftsvertreter einen Sprechchor in Reimform bildeten. In diesem warfen sie dem Arbeitgeber unter anderem vor, dass er sie "betrüge" und "bescheiße". Anwesende Gewerkschaftssekretäre schritten gegen diese Äußerungen nicht ein. Im einstweiligen Verfügungsverfahren verlangte der Arbeitgeber daraufhin die Unterlassung der Äußerung von der Gewerkschaft, ihren drei Vorstandsmitgliedern und zwei Gewerkschaftssekretären sowie die Einflussnahme auf die Streikenden, solche Äußerungen in Zukunft zu unterlassen. Die Angelegenheit kam vor das LAG, das die Äußerungen jedoch nicht als Tatsachenbehauptungen im strafrechtlichen Sinne wertete. Die Arbeitnehmer wollten damit lediglich zum Ausdruck bringen, dass sie sich "betrogen" gefühlt haben. Und das sei von der Meinungsfreiheit besonders im Rahmen eines Gewerkschaftsstreiks umfasst. Das Gericht hat diese Äußerungen somit nicht als Beleidigungen, sondern als "zugespitzte Äußerungen" gewertet.

Hinweis: Arbeitnehmer sollten mit Beleidigungen des Arbeitgebers stets vorsichtig sein. Die Grenzen sind immer im Einzelfall zu ziehen und es liegt in der Natur eines Streiks, dass dabei auch härtere Worte fallen. Beleidigungen allerdings können schnell zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses führen. Das sollte allen Beteiligten klar sein.


Quelle: LAG Düsseldorf, Urt. v. 17.08.2012 - 8 SaGa 14/12
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 10/2012)

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