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Örtliche Gegebenheiten beachten: Vorfahrtsberechtigung allein schützt nicht vor Mitschuld an Kollision

Ein Vorfahrtberechtigter darf grundsätzlich auf die Beachtung seines Vorfahrtsrechts vertrauen. Dieser Vertrauensschutz gilt jedoch nicht ausnahmslos.

In einer 30er Zone kam es zu einem Verkehrsunfall zwischen einem Pkw und einer Fahrradfahrerin. Die Fahrradfahrerin war von rechts kommend in den Einmündungsbereich der von dem Pkw-Fahrer benutzten Straße gefahren. Bei der von der Fahrradfahrerin benutzten Straße handelte es sich um einen Geh- und Radweg, der dem öffentlichen Verkehr zugänglich war, allerdings nur von Fußgängern und Radfahrern benutzt werden konnte. Im Einmündungsbereich kam es zu einer Kollision zwischen Pkw und Fahrradfahrerin, wobei sich die Fahrradfahrerin erheblich verletzte.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat entschieden, dass die Radfahrerin gegenüber dem Pkw aufgrund der "Rechts-vor-links"-Regelung Vorfahrt hatte. Gleichwohl geht das Gericht aber auch von einer Mithaftung der Radfahrerin aus, die es mit 20 % bewertet. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass ein Vorfahrtsberechtigter zwar grundsätzlich auf die Beachtung seiner Vorfahrt vertrauen dürfe. Der Vorfahrtsberechtigte darf sich aber dann nicht auf die Beachtung seiner Vorfahrt verlassen, wenn - wie im vorliegenden Fall - konkrete Umstände Anlass zu der Befürchtung geben, ein anderer Verkehrsteilnehmer werde die Vorfahrt verletzen. Solche Umstände können nicht nur in dem erkennbaren Verhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers, sondern auch in den örtlichen Verhältnissen der Einmündung liegen.

Hinweis: In der Rechtsprechung ist seit langem anerkannt, dass der Benutzer eines Wegs, dem nur ganz untergeordnete Verkehrsbedeutung zukommt, nicht auf die Beachtung seiner ihm gegenüber den von links kommenden Benutzern der Straße zustehenden Vorfahrt vertrauen darf.


Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 30.05.2012 - 1 U 193/11 
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 11/2012)

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