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Räum- und Streupflicht: Zeitpunkt der Schnee- oder Glättebildung beeinflusst Einschätzung der Gefahrenlage

Die Frage, in welchem Maß Privatpersonen eine Räum- und Streupflicht bei Schnee und Eisglätte haben, beschäftigt die Gerichte immer wieder. Der BGH hat sich nun mit einer Teilfrage beschäftigt. Es ging um einen Vorfall, der sich an einem Wochenende - und zwar an einem Sonntag - ereignete.

Eine Frau betrat an einem Sonntagmorgen gegen 10 Uhr ein privates Grundstück und warf eine Weihnachtskarte in den dortigen Briefkasten. Auf dem Rückweg zur Straße stürzte sie noch auf dem Privatgrundstück auf einer 20 x 30 cm großen, vereinzelten Eisfläche.

Der BGH hat klargestellt, dass an Sonn- und Feiertagen ab 9 Uhr eine Räum- und Streupflicht besteht, wenn eine konkrete Gefahrenlage besteht - das heißt wenn allgemein um diese Uhrzeit aufgrund der Witterung Glättebildung und Schneebelag vorliegen. Das war in der konkreten Situation jedoch nicht gegeben.

In diesem Fall, so der BGH weiter, sei auf den Einzelfall abzustellen. Die allgemeine Glättebildung hatte vor Ort gegen 9.15 Uhr angefangen. Eine konkrete Gefahrenbildung war nicht erkennbar. Dass gegen 10 Uhr jemand das Grundstück betreten würde, war nicht zu erwarten. Deshalb sei den Hauseigentümern kein Vorwurf zu machen. Der BGH lehnte eine Haftung der Eigentümer des Hauses ab.

Hinweis: Der Vorfall war für die Geschädigte bitter, sie wollte lediglich eine Weihnachtskarte einwerfen und bezahlte dies mit erheblichen Verletzungen. Die Entscheidung zeigt zwar, dass es keine lückenlose Räum- und Streupflicht gibt. Dennoch ist es sinnvoll, die Witterung immer sorgfältig zu beobachten und gegebenenfalls problematische Stellen zu räumen oder dort zu streuen.
 
 


Quelle: BGH, Urt. v. 12.06.2012 - VI ZR 138/11
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 11/2012)

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