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Bei unzulässigen Einstellungsfragen: Kündigung eines Arbeitnehmers wegen Falschbeantwortung unzulässig

Arbeitgeber dürfen im Einstellungsgespräch nicht jede Frage stellen. Was aber nützt es dem Bewerber, wenn er eine nicht erlaubte Frage wahrheitsgemäß beantwortet und dann den Job nicht bekommt? Das Bundesarbeitsgericht hat unter diesem Gesichtspunkt nun ein Recht zur Lüge eingeräumt.

Ein Lehrer hatte sich als Seiteneinsteiger an einer Hauptschule in Nordrhein-Westfalen beworben. Er wurde zuvor aufgefordert, einen Vordruck auszufüllen. Darin sollte er erklären, dass er nicht vorbestraft sei, und zudem versichern, dass gegen ihn innerhalb der letzten drei Jahre kein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft anhängig gewesen sei. Der Bewerber unterzeichnete den Vordruck - allerdings ohne Angaben zu tatsächlich laufenden Ermittlungsverfahren zu machen - und wurde eingestellt. Als später die zuständige Bezirksregierung einen anonymen Hinweis erhielt, dass mehrere Ermittlungsverfahren gegen den Lehrer liefen, wurde ihm fristlos gekündigt. Dagegen klagte er und erhielt Recht. Eine derart unspezifizierte Frage nach Ermittlungsverfahren sei nach datenschutzrechtlichen Bestimmungen Nordrhein-Westfalens nicht erlaubt. Die Kündigung verstößt gegen die objektive Werteordnung des Grundgesetzes, insbesondere gegen das Recht auf informelle Selbstbestimmung.

Hinweis: Arbeitgeber sollten sich in Vorstellungsgesprächen auf so etwas gar nicht einlassen. Werden unzulässige Fragen gestellt, können Bewerber oft erfolgreich Entschädigungszahlungen aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz fordern. Arbeitnehmer sollten sich bewusst sein, dass sie ein Recht zur Lüge bei unzulässigen Fragen haben.


Quelle: BAG, Urt. v. 15.11.2012 - 6 AZR 339/11
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 01/2013)

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