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Kind auf Rücksitz: Aufsichtspflicht bei Kleinkind auf "gefährlicher Fahrzeugseite"

Eine Mutter verletzt ihre Aufsichtspflicht, wenn sie ihr 2 1/2-jähriges Kind abschnallt, das Kind im Taxi zurücklässt, dieses die Taxitür öffnet und dadurch eine Kollision mit einer Straßenbahn verursacht.

Ein Taxifahrer beförderte eine Frau und ihren 2 1/2-jährigen Jungen. Er hielt auf einem Taxihalteplatz am rechten Straßenrand. Die Mutter, die im Taxi hinten rechts saß, schnallte sich und ihren Sohn, der links neben ihr saß, ab und stieg auf der rechten Seite aus. Währenddessen öffnete der Junge selbständig die linke hintere Tür des Taxis. In diesem Moment fuhr eine Straßenbahn an dem stehenden Taxi vorbei, so dass es zu einer Kollision mit der Taxitür kam. Den hierdurch entstandenen Schaden an der Straßenbahn regulierte die Haftpflichtversicherung des Taxifahrers und verlangte von der Mutter die Erstattung der verauslagten Kosten.

Das Landgericht Würzburg hat die Mutter des Jungen zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet. Das Gericht geht von einer Aufsichtspflichtverletzung der Mutter aus. Zur Begründung führt es aus, dass die Mutter deshalb ein Verschulden trifft, weil sie ihren Sohn hinter dem Taxifahrer platziert hatte. Ihr Sohn saß also auf einem Sitz, der sich auf der "gefährlichen Seite" des Taxis befand. Dass neben dem üblichen Straßenverkehr auch die Straßenbahn vorbeifuhr, war der Mutter zudem bekannt. Sie hätte sich nicht darauf verlassen dürfen, dass ihr Sohn nach dem Abschnallvorgang auf seinem Sitz warten würde. Ein Verschulden des Taxifahrers nahm das Gericht dagegen nicht an, da es von einer Verpflichtung des Taxifahrers, die Kindersicherung zu betätigen, nicht ausging.

Hinweis: Die Auffassung des Gerichts entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung. Zur Begründung der Aufsichtspflichtverletzung der Mutter ist auf die Gefährlichkeit der Unfallsituation hingewiesen worden, da das Kind auf der "gefährlicheren Seite" des Fahrzeugs unmittelbar im Bereich der Straßenbahngleise saß, was der Mutter auch bekannt war.


Quelle: LG Würzburg, Urt. v. 04.12.2012 - 11 O 1744/12
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 09/2013)

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