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Psychisch instabil: Wunsch zur Schönheitsoperation muss gründlich hinterfragt werden

Der Bundesgerichtshof (BGH) musste über die Frage entscheiden, ob Schönheitsoperationen bei Verdacht auf eine psychische Störung des Patienten durchgeführt werden dürfen.

Eine Frau war psychisch angeschlagen: Schon als Jugendliche fügte sie sich jahrelang an Armen, Oberschenkeln und Gesäß Ritznarben, Schnittverletzungen und Verätzungen zu. Deshalb hatte sie zahlreiche, teilweise entstellende Narben. Seit 2007 unterzog sie sich einer Psychotherapie. Im Jahr 2008 erschien sie in einer Praxis für plastische und ästhetische Chirurgie. Sie äußerte den Wunsch nach einer Schlupflidkorrektur. Der Arzt sagte ihr, dass das Augenlid nur durch eine Straffung der Stirnhaut gehoben werden könne. Im Rahmen des Aufklärungsgesprächs beantwortet die Frau die Frage nach einer "überschießenden Narbenbildung" mit "ja". So kam es, wie es kommen musste: Nach dem Eingriff blieb im Haaransatz eine harmlose und haarlose Narbe, die der Arzt dann allerdings noch im Wege einer Narbenkorrektur behandelte.

Drei Jahre später ging die Frau in die Schweiz und unterzog sich einer weiteren Narbenkorrektur, bei der Haarwurzeln transplantiert wurden. Sie verlangte nun die Kosten für diese Operation sowie ein Schmerzensgeld von insgesamt fast 25.000 EUR von ihrem Arzt. Der BGH urteilte, dass zu Unrecht ein Gutachten der Schlichtungsstelle zu Arzthaftpflichtfragen durch das vorinstanzlich mit der Sache befasste Gericht nicht berücksichtigt worden war. In dem Gutachten stand nämlich, dass die Operation in der vorgegebenen Situation nicht hätte durchgeführt werden dürfen. Diese gutachterliche Stellungnahme stand im krassen Gegensatz zu dem gerichtlich bestellten Gutachten und hätte berücksichtigt werden müssen. Ob der Patientin das Schmerzensgeld zusteht, steht noch nicht fest. Fest steht hingegen, dass unter den gegebenen Umständen die Operation nicht hätte durchgeführt werden dürfen.

Hinweis: Ärzte müssen also genau hinschauen, bevor sie eine Schönheitsoperation durchführen. Beruht der Wunsch für die Operation auf der psychischen Störung, kann die Operation tatsächlich rechtswidrig sein.


Quelle: BGH, Beschl. v. 15.12.2015 - VI ZR 557/15
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 03/2016)

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