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Überwachungsbeschwerde: Vorsicht bei Vergleich betrieblicher Verhältnisse mit dem Naziregime

Arbeitnehmer müssen stets vorsichtig sein, wenn sie betriebliche Verhältnisse mit jenen aus der Nazidiktatur vergleichen.

Einen solchen Vorwurf seiner Arbeitgeberin gegenüber geäußert zu haben, wurde einem Altenpfleger, der seit 20 Jahren im Betriebsrat tätig war, nun von ihr vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf zur Last gelegt: Er erfuhr, dass der Arbeitgeber beabsichtigte, durch eine technische Überwachungsmöglichkeit festzustellen, wie lange ein Mitarbeiter benötigt, bis er dem Klingelruf eines Patienten nachkommt. Der Altenpfleger beschwerte sich bei seinem Einrichtungsleiter und den Aufsichtsratsmitgliedern in einer E-Mail: "... Die Überwachung in einem totalitären Regime haben wir vor 70 Jahren hinter uns gebracht, auch wenn hier im Kleineren gehandelt wird, so ist dies der Anfang von dem, was dann irgendwann aus dem Ruder laufen kann ..."

Als die Arbeitgeberin von der E-Mail erfuhr, beantragte sie beim Betriebsrat die Zustimmung zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Altenpfleger. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung, woraufhin die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung beim Arbeitsgericht beantragte - allerdings ohne Erfolg. Der Betriebsrat hatte zu Recht die Zustimmung zur fristlosen Kündigung verweigert, denn es lag kein Grund für eine Kündigung vor. Die E-Mail enthielt keine Gleichsetzung mit dem nationalsozialistischen Terrorregime. Der Altenpfleger hatte lediglich vor der möglichen künftigen Entwicklung gewarnt und damit an die Verhältnisse der Weimarer Republik angeknüpft. Seine Äußerung war von dem Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit geschützt.

Hinweis: Trotzdem sollten Arbeitnehmer mit solchen Äußerungen vorsichtig sein, denn eindeutigere Vergleiche der betrieblichen Verhältnisse mit dem Naziregime können zu einer fristlosen Kündigung führen.


Quelle: LAG Düsseldorf, Beschl. v.  04.03.2016 - 10 Ta BV 102/15  
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 04/2016)

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