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Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz: Europäischer Gerichtshof bremst vorgetäuschte Bewerbungen zu reinen Klagezwecken

Personen, die lediglich Bewerbungen schreiben, um Entschädigungszahlungen kassieren zu können, werden von den Gerichten nicht unterstützt.

Ein älterer Bewerber, ein als sogenannter AGG-Hopper (AGG = Allgemeines Gleichstellungsgesetz) inzwischen bundesweit bekannter Rechtsanwalt, bewarb sich bei einer Versicherung auf eine als "Trainee" ausgeschriebene Stelle. Die Stellenanzeige forderte unter anderem einen "sehr guten Hochschulabschluss", der "nicht länger als ein Jahr" zurückliege oder "innerhalb der nächsten Monate" erfolge. Auf seine Bewerbung erhielt der Anwalt folglich eine Absage. Daher machte er Ansprüche wegen einer vermeintlichen Diskriminierung geltend. Die Versicherung lud den Rechtsanwalt daraufhin zu einem Bewerbungsgespräch ein und erklärte, die Absage habe auf einem Versehen beruht. Das lehnte der Anwalt ab. Als er jedoch erfuhr, dass die juristischen Trainee-Stellen ausschließlich mit weiblichen Kandidaten besetzt worden waren, machte er weitere Entschädigungsansprüche geltend.

Das Bundesarbeitsgericht hatte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nun die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob auch derjenige, der sich bei einem potentiellen Arbeitgeber nur deshalb bewirbt, um den Status eines Bewerbers zu erlangen, ebenfalls den Schutz des dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zugrundeliegenden Unionsrechts beanspruchen kann. Der EuGH hat nun entschieden, dass zum einen derjenige nicht den Schutz der Richtlinien zur Antidiskriminierung und Gleichbehandlung von Mann und Frau beanspruchen kann, der keinen Zugang zu einer Beschäftigung begehrt, sondern sich nur auf eine Stelle bewirbt, um auf Grundlage des formalen Status als Bewerber Zugang zu Entschädigungsansprüchen zu erlangen. Zum anderen kann ein solches Verhalten auch nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts rechtsmissbräuchlich sein.

Hinweis: In der Praxis ist es allerdings für Arbeitgeber weiterhin sehr schwierig zu beweisen, dass es sich tatsächlich um eine nicht ernst gemeinte Bewerbung gehandelt hat.


Quelle: EuGH, Urt. v. 28.07.2016 - C-423/15
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 09/2016)

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