Aktuelle Rechtsinformationen

Ein Service von:
Ralf Schröper
Rechtsanwalt und Mediator
Schulstraße 38, 04668 Grimma
E-Mail: info@kanzlei-schroeper.de

[Inhalt]
[Vorheriger Text][Nächster Text]

Haftung für Unfallschäden: Wer die Fahrbahn wechselt, haftet in der Regel bei einem Unfall

Wer hat nicht schon einmal eine brenzlige Situation beim Fahrbahnwechsel erlebt? Gerade im Verkehrsrecht gibt es nicht selten von jedem Beteiligten sowie auch von den Zeugen voneinander abweichende Beurteilungen des Geschehens. Das Landgericht Saarbrücken hatte in dem folgenden Fall die Haftung nach einem Unfall infolge eines Spurwechsels auf der Autobahn zu beurteilen.

Nachdem der Beklagte mit seinem Fahrzeug von der Autobahnauffahrt kommend von der rechten auf die linke Fahrspur wechselte, geriet das Fahrzeug des unfallbeteiligten Klägers gegen die linksseitige Leitplanke und wurde hierbei beschädigt. Er behauptet, die beiden Fahrzeuge seien über eine Strecke von 10-20 Metern nebeneinander gefahren, als der andere Fahrer unerwartet und ohne Vorankündigung die Spur gewechselt habe. Er habe abgebremst und sei nach links ausgewichen, um eine Kollision zu vermeiden, und sei dabei mit der Leitplanke kollidiert. Der Beklagte behauptet hingegen, sich vor dem Spurwechsel im Außen- und Innenspiegel nach hinten versichert zu haben, wobei das andere Fahrzeug noch mit deutlichem Abstand hinter seinem gefahren sei. Der Spurwechsel sei ordnungsgemäß und frühzeitig durch Betätigung des linken Blinkers eingeleitet worden.

Kommt es in einem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Fahrstreifenwechsel eines Fahrzeugs zu einer Kollision mit einem anderen Fahrzeug, so das Landgericht Saarbrücken, ist regelmäßig von einem sogenannten Anscheinsbeweis für einen schuldhaften Verstoß des den Fahrstreifen wechselnden Fahrzeugführers auszugehen. Dies gilt auch, wenn beide Fahrzeuge nicht zusammengestoßen sind, die Ausweichbewegung des Unfallgegners aber in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem unerlaubten Fahrspurwechsel erfolgte und zu Unfallschäden führte.

Hinweis: Der Anscheinsbeweis oder auch Beweis des ersten Anscheins ist eine Methode zur mittelbaren Beweisführung. Er erlaubt aufgrund bestimmter Erfahrungssätze, Schlüsse auf zu beweisende Tatsachen zu ziehen. Die Gegenseite muss dann detailliert darlegen, warum es in diesem Fall gerade nicht so war, wie es der Anscheinsbeweis vermittelt. In der Praxis ist dieser Gegenbeweis recht schwer zu führen.


Quelle: LG Saarbrücken, Urt. v. 12.03.2010 - 13 S 215/09
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 05/2010)

[Vorheriger Text][Nächster Text]
[Inhalt]

 

[Startseite] [Archiv]