Aktuelle Rechtsinformationen

Ein Service von:
Ralf Schröper
Rechtsanwalt und Mediator
Schulstraße 38, 04668 Grimma
E-Mail: info@kanzlei-schroeper.de

[Inhalt]
[Vorheriger Text][Nächster Text]

Ausgesonderte Werkbank: Nicht jede eigenmächtige Wegnahme rechtfertigt Kündigung des Arbeitsverhältnisses

Wer glaubt, dass jede eigenmächtige Wegnahme von Arbeitgebereigentum eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt, kann schwer danebenliegen. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Dies musste ein Arbeitgeber vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein erfahren.

Im Betrieb des beklagten Arbeitgebers aus der metallverarbeitenden Industrie wurden 2007 insgesamt 30 Jahre alte aus Holz und Metall bestehende Werkbänke durch neue ersetzt und ausgesondert. Die alten Werkbänke wurden den Mitarbeitern ohne Erfolg angeboten und dann zur Entsorgung jahrelang zwischengelagert. 2009 ergab sich beim klagenden Arbeitnehmer eine private Nutzungsmöglichkeit für einen Teil einer solchen alten Werkbank. Er meldete entsprechenden Bedarf beim Vorgesetzten an, wobei der Inhalt der Gespräche umstritten ist. An einem Freitagnachmittag lud er für alle sichtbar den Teil der Werkbank in den Anhänger seines privaten Fahrzeugs und wurde dabei von der Geschäftsleitung beobachtet und zur Rede gestellt. Der Arbeitgeber hat den Vorgang zum Anlass genommen, das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich zu kündigen.

Das Landesarbeitsgericht sah keinen ausreichenden Kündigungsgrund: Zwar können grundsätzlich zu Lasten des Arbeitgebers begangene Vermögensdelikte eine fristlose Kündigung rechtfertigen, selbst wenn es sich um Sachen von geringem Wert handelt. Stets ist aber eine Einzelfallabwägung erforderlich, die hier zugunsten des klagenden Arbeitnehmers ausgeht. Eine Abmahnung hätte hier ausgereicht, um eine Wiederholung des beanstandeten Arbeitnehmerverhaltens auszuschließen.

Der Arbeitnehmer hat aus Sicht des Gerichts völlig offen das Werkbankteil vor den Augen aller mitgenommen. Damit beging er zwar eine Eigenmächtigkeit, wollte aber keine Bereicherung und auch keine rechtswidrige Schädigung des Arbeitgebers. Das Gericht berücksichtigte weiter, dass dem Arbeitgeber wirtschaftlich kein Schaden entstehen konnte, da das vom klagenden Arbeitnehmer aufgeladene Teil aus Sicht des Arbeitgebers wertloser störender Müll war und erst wieder einen Wert bekam, als es auf dem Hänger des Arbeitnehmers gesehen wurde. Die sofortige Rückgabe des Werkbankteils, die Beschreitung des offiziellen Genehmigungswegs und das Fehlen jeglicher Heimlichtuerei wertete das Gericht als Ausdruck einer auf Korrektheit und Ehrlichkeit ausgerichteten Grundhaltung des Klägers.


Quelle: LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 13.01.2010 - 3 Sa 324/09
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 05/2010)

[Vorheriger Text][Nächster Text]
[Inhalt]

 

[Startseite] [Archiv]