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Schwierige Nachlasspflegschaft: Nachlasspflegervergütung ist auch eine Frage von Erfahrung und Aufwand

Manche Rechnungen verschlagen einem schier den Atem. Dass dies oftmals nicht an unverschämten Forderungen des Rechnungsstellers, sondern an mangelnder Fachkenntnis des Rechnungsempfängers liegt, zeigt auch der folgende Fall. Hier konnte ein Miterbe den in Rechnung gestellten Aufwand des Nachlasspflegers nicht nachvollziehen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) konnte ihm jedoch weiterhelfen.

Nach dem Tod des Erblassers wurde eine Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben angeordnet und ein berufsmäßiger Nachlasspfleger mit dem Wirkungskreis der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie der Ermittlung der Erben bestellt. Der Wert des Nachlasses belief sich zum Todestag des Erblassers auf 205.458,10 EUR. Am 12.05.2021 stellte der Nachlasspfleger einen Antrag auf Festsetzung seiner Vergütung und Auslagen über insgesamt 6.889,55 EUR basierend auf einem Nettostundensatz von 100 EUR für 53,55 Stunden, einschließlich der Auslagen. Nach Anhörung aller Beteiligten erteilte das Nachlassgericht den beantragten Erbschein und setzte die Vergütung in beantragter Höhe fest. Hiergegen richtete sich die Beschwerde eines Miterben. Begründet wurde dies unter anderem mit der Höhe des Stundensatzes. Die Beschwerde war im Wesentlichen jedoch erfolglos.

Laut OLG ergibt sich der Vergütungsanspruch des Nachlasspflegers aus den gesetzlichen Bestimmungen und hängt von dessen Fachkenntnissen sowie dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte ab. Zwar war der Nachlasspfleger kein Rechtsanwalt oder Diplom-Rechtspfleger - er verfügte aber über eine umfangreiche und einschlägige fachliche Qualifikation. In diesem Fall hat das OLG zudem festgestellt, dass es sich um eine schwierige Nachlasspflegschaft handelte, die umfangreiche Erbenermittlungen und andere komplexe Aufgaben umfasste. Der Nachlasspfleger musste sich auch um die Sicherung und Verwaltung des werthaltigen Nachlasses sowie um die Klärung von Rentenversicherungen und die Verwaltung eines Wohnhauses kümmern. Der nunmehr leicht geminderte Vergütungsanspruch betrug schließlich 6.328,35 EUR, da das OLG einen Anspruch auf Erstattung von Auslagen aufgrund der Werthaltigkeit des Nachlasses abgelehnt hat.

Hinweis: Grundsätzlich hat der Nachlasspfleger einen Anspruch auf Ersatz seiner Ausgaben - jedoch nur, wenn der Nachlasspfleger diese von der Staatskasse verlangen kann, wenn also der Verstorbene mittellos ist oder der Nachlasspfleger nicht für die Vermögenssorge zuständig ist.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 10.03.2023 - 20 W 226/21
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 07/2023)

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