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Nur bei höherer Gewalt: Bei Verwicklung in einen unverschuldeten Unfall ist der Haftungsausschluss nicht selbstverständlich

Höhere Gewalt ist ein außergewöhnliches, betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter (betriebsfremder) Personen herbeigeführtes und nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbares Ereignis. Ein solches Ereignis kann mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch nicht durch äußerste, vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt verhütet werden und muss auch nicht im Hinblick auf seine Häufigkeit in Kauf genommen werden.

Ein Mann war unverschuldet in einen Unfall verwickelt worden, infolge dessen sein Fahrzeug gegen eine Ampelanlage geschleudert wurde, so dass Sachschaden entstand. Nun fordert die Bundesrepublik Deutschland  von dem Fahrzeughalter bzw. dessen Haftpflichtversicherung Schadensersatz wegen der Beschädigung einer Ampelanlage auf einer Bundesstraße.

Nach Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) besteht gleichwohl eine (Mit-)Haftung, weil die Haftung für den Halter des betroffenen Pkw nicht durch höhere Gewalt ausgeschlossen war. Höhere Gewalt im Sinne des Gesetzes liegt nur bei einem betriebsfremden Eingriff von außen vor, der außergewöhnlich und nicht abwendbar ist. Alle drei Voraussetzungen müssen zusammen vorliegen. Hier fehlt es bereits an einem von außen kommenden, betriebsfremden Ereignis. Vielmehr handelte es sich bei dem Unfall um die Realisierung eines typischen Betriebsrisikos im Straßenverkehr, nämlich um die Kollision zweier Fahrzeuge im Kreuzungsbereich zweier Straßen. Dabei ist unerheblich, dass der in Anspruch genommene Halter des Pkw die Kollision nicht verschuldet hatte. Hier hat sich vielmehr das typische Betriebsrisiko der Teilnahme eines Fahrzeugs am Straßenverkehr realisiert.

Hinweis: Das OLG hat zutreffend unter Hinweis auf den Begriff der höheren Gewalt eine Mithaftung im vorliegenden Fall angenommen. Hieraus darf allerdings nicht der Rückschluss gezogen werden, dass eine Mithaftung nur dann ausgeschlossen ist, wenn höhere Gewalt vorliegt. Kommt es zu einem Verkehrsunfall, an dem mindestens zwei Pkw beteiligt waren, ist danach zu fragen, wer den Unfall verursacht hat und ob sein Verschulden gegebenenfalls derart überwiegt, dass eine Mithaftung des anderen ausgeschlossen ist.


Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschl. v. 01.11.2017 - 7 W 39/17
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 04/2018)

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