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Handschriftliche Testamentserrichtung: Vorsicht bei Einleitungen, die gleichsam als Anlass oder als Bedingung interpretiert werden könnten

Bei handschriftlichen Testamenten sind Formulierungen häufig mehrdeutig. Daraus folgt, dass es oftmals nicht ganz klar ist, was der Erblasser genau veranlassen wollte. In solchen Fällen müssen die Gerichte dann durch Auslegung den wahren Willen des Erblassers ermitteln.

Eine Frau hinterließ ein handschriftliches Testament, das mit dem Satz begann: "Für den Fall, das ich heute ... tödlich verunglücke, ...". Die Erben stritten nun darüber, ob dieser Satz so zu verstehen war, dass die Erblasserin damit nur eine Regelung treffen wollte, wenn sie an diesem genannten Tag versterben sollte, oder ob sie allgemein die Erbfolge ab diesem Zeitpunkt regeln wollte.

Das Gericht entschied, dass die Formulierung keine Bedingung darstellt, von deren Eintritt die Wirksamkeit des Testaments abhängen sollte, sondern lediglich den Anlass für die Testamentserrichtung mitteilte. Es führte aus, dass bei Testamenten mit solchen Formulierungen der Wille des Erblassers immer dann erforscht werden muss, wenn nach Nichteintritt des genannten Ereignisses der Erblasser das Testament nicht widerrufen oder ein abweichendes Testament errichtet hatte. Lässt der Inhalt der Anordnungen im Testament keinen Zusammenhang mit der Todesart oder dem Todeszeitpunkt des Erblassers erkennen, ist anzunehmen, dass die Anordnungen auch dann gelten sollen, wenn der Erblasser unter anderen Umständen verstirbt als denjenigen, die er als Anlass für die Errichtung des Testaments angesehen hatte. Da es im diesem Fall keine vergleichbare Situation - wie etwa eine anstehende Operation - gab, bei der die Erblasserin ernsthaft den Eintritt ihres Todes befürchten musste, und sie danach noch 16 Jahre weiterlebte, ging das Gericht davon aus, dass das Testament weiterhin gültig war.

Hinweis: Sofern in Testamenten der Anlass für die Errichtung genannt wird, sollte bei der Formulierung genau darauf geachtet werden, damit nicht eine Bedingung für die Gültigkeit des Testaments zu verfassen, die gar nicht gewollt ist. Testamente, die aus einem besonderen Anlass heraus verfasst werden, etwa weil eine (gefährliche) Reise oder ein medizinischer Eingriff ansteht, sollten zudem danach vernichtet bzw. geändert werden, wenn sie keine Gültigkeit mehr haben sollen.


Quelle: KG, Beschl. v. 24.04.2018 - 6 W 10/18
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 07/2018)

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