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Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen Scheidung: Rückforderung schwiegerelterlicher Zuwendungen ist zulässig

Der Bundesgerichtshof hatte über eine Klage von Schwiegereltern zu befinden, die ihrem Schwiegerkind einen erheblichen Geldbetrag zugewandt hatten und diesen nach dem Scheitern der Ehe ihres Kindes zurückverlangten. Nach dem Urteil des BGH ist eine Rückforderung schwiegerelterlicher Zuwendungen nunmehr unter erleichterten Voraussetzungen möglich.

Die Tochter der klagenden Eltern lebte seit 1990 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. 1994 wurde ihr erstes gemeinsames Kind geboren. Die Schwiegereltern überwiesen dem Lebenspartner 58.000 DM, als dieser 1996 eine Eigentumswohnung ersteigerte, in die die Familie einzog. Das Paar heiratete 1997, trennte sich jedoch 2002 wieder. Inzwischen ist die Ehe geschieden. Den Zugewinnausgleich haben die Eheleute ausgeschlossen. Die Wohnung steht bis heute im Alleineigentum des Ex-Ehemanns.

Die Schwiegereltern verlangen nunmehr von ihm insbesondere die Rückzahlung der überwiesenen 58.000 DM. Der BGH gab ihnen Recht.

Wenn Schwiegereltern dem Ehepartner ihres leiblichen Kindes zur Begünstigung des ehelichen Zusammenlebens Vermögensgegenstände zuwandten, kam nach bisheriger Rechtsprechung ein Rechtsverhältnis zustande, das die Gerichte mit den sog. "unbenannten Zuwendungen" unter Ehegatten verglichen haben. Ihre Zuwendungen konnten die Schwiegereltern grundsätzlich nicht zurückfordern, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hatten.

Nunmehr sind derartige schwiegerelterliche Leistungen jedoch als Schenkung zu qualifizieren, weil die Schwiegereltern bei Zuwendung des Vermögens wissen, dass sie künftig nicht mehr selbst "etwas davon haben" werden.

Auf schwiegerelterliche ehebezogene Schenkungen bleiben die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anwendbar: Unausgesprochene Vertragsgrundlage solcher Schenkungen ist der Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft zwischen Kind und Schwiegerkind. Die Schwiegereltern wollen, dass das eigene Kind in den fortdauernden Genuss der Schenkung kommt. Mit dem Scheitern der Ehe entfällt diese Geschäftsgrundlage. Dadurch wird im Wege der richterlichen Vertragsanpassung die Möglichkeit einer zumindest partiellen Rückabwicklung eröffnet.

Dies gilt auch dann, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben. Die Rückabwicklung der Schenkung hat grundsätzlich unabhängig von güterrechtlichen Erwägungen zu erfolgen.

Hinweis: Als Konsequenz ist damit zu rechnen, dass Schwiegereltern, die ihrem Schwiegerkind Vermögenswerte zugewandt haben, künftig häufiger als bisher mit Erfolg eine Rückabwicklung dieser Zuwendung begehren. Ist das eigene Kind allerdings einen längeren Zeitraum in den Genuss der Schenkung gekommen (z.B. durch das Leben in einer geschenkten Wohnung), kommt regelmäßig nur eine teilweise Rückzahlung in Betracht. Wenn die Eltern dies vermeiden und den gesamten geschenkten Wert nur dem eigenen Kind zugute kommen lassen wollen, müssen sie ihr Kind direkt beschenken.


Quelle: BGH, Urt. v. 03.02.2010 - XII ZR 189/06
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 04/2010)

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