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Unfall mit Einsatzfahrzeug: Selbst im Fall einer Haftungsverteilung ziehen die Unfallgegner meist den Kürzeren

Für die Haftungsabwägung bei einem bei Rotlicht in die Kreuzung einfahrenden Einsatzfahrzeug ist dessen Geschwindigkeit wesentlich. Bei dem anderen Verkehrsteilnehmer ist die Erkennbarkeit des Einsatzfahrzeugs, und ob hierauf sorgfältig reagiert wird, entscheidend.

Im innerstädtischen Kreuzungsbereich kam es in den Abendstunden zu einem Unfall, wobei ein Einsatzfahrzeug mit eingeschaltetem Martinshorn und Blaulicht bei Rot in die Kreuzung einfuhr und hier mit einem Pkw kollidierte, der bei bestehendem Grünlicht in die Kreuzung einfuhr.

Das Oberlandesgericht Hamm hat vorliegend eine Haftungsverteilung von 2/3 zu Lasten der Autofahrerin und zu 1/3 zu Lasten der Fahrerin des Einsatzfahrzeugs vorgenommen. In seiner Entscheidung weist das Gericht darauf hin, dass es bei der Haftungsquote bei Unfällen mit einem Einsatzfahrzeug keine üblichen Haftungsverteilungen gibt. Entscheidend kommt es auf die Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge an.

Zu Lasten der Fahrerin des Einsatzfahrzeugs war zu berücksichtigen, dass diese nicht mit der nötigen Sorgfalt in die Kreuzung eingefahren war. Sie hatte das bei Grün einfahrende Fahrzeug sorgfaltswidrig nicht beachtet, obwohl dieses über eine weite Strecke hinweg sichtbar war. Andererseits berücksichtigte das Gericht das grob nachlässige Verhalten der Autofahrerin. Diese konnte aus mehreren 100 m Entfernung das Blaulicht wahrnehmen und das Martinshorn hören. Da zudem bereits andere Fahrzeuge am rechten Fahrbahnrand standen, hätte sie hieraus den zwingenden Schluss ziehen müssen, dass eine besondere Verkehrssituation besteht, und daher nicht mit unverminderter Geschwindigkeit in die Kreuzung einfahren dürfen.

Hinweis: Fahrer von Rettungsfahrzeugen sind bei der Inanspruchnahme von Sonderrechten (Martinshorn und Blaulicht) von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit. Dies bedeutet allerdings nicht, dass bei einem Verkehrsunfall eine Haftung ihrerseits vollständig ausgeschlossen ist. Gerade beim Einfahren in Kreuzungen bei Rotlicht muss besonders darauf geachtet werden, dass die Kreuzung frei ist. Es darf nur mit angepasster Geschwindigkeit - ggf. mit Schrittgeschwindigkeit - in die Kreuzung eingefahren werden.


Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 18.07.2017 - I-9 U 34/17
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 11/2017)

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