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Qualifizierter Rotlichtverstoß: Messmethoden und deren Beweiskraft dürfen nicht auf Schätzungen beruhen

Soll ein Verkehrsteilnehmer wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes (Ampel zeigt bereits länger als eine Sekunde rotes Licht) verurteilt werden, muss das Gericht die angewandte Messmethode darstellen und deren Beweiskraft bewerten. Soll der Verstoß zudem durch Zeugen bewiesen werden, sind deren Aussagen ebenso objektiv zu beurteilen.

Das Amtsgericht Köln verurteilte einen Kraftfahrzeugführer zu einer Geldbuße in Höhe von 300 EUR unter gleichzeitiger Anordnung eines Fahrverbots von einem Monat. Dem Fahrer wurde vorgeworfen, beim Rechtsabbiegen eine Ampel bei Rot überfahren zu haben, nachdem diese bereits länger als eine Sekunde rotes Licht angezeigt habe. Der Vorwurf basierte auf den Angaben von zwei Polizeibeamten, die zur gezielten Rotlichtkontrolle eingesetzt waren. Sie hatten festgestellt, dass der Betroffene mindestens 17 Meter von der Haltelinie entfernt war, als die Ampel auf Rot umsprang. Dass ein qualifizierter Rotlichtverstoß vorlag, schlossen die Beamten aus dieser Distanz, ohne jedoch auf die Uhr zu schauen, um etwa die Sekunden zu zählen.

Das Oberlandesgericht Köln hat dieses Urteil aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Denn die Feststellungen eines von einem Zeugen beobachteten Rotlichtverstoßes lassen eine tragfähige Entscheidung nur dann zu, wenn in dem Urteil die von dem Zeugen angewandte Messmethode dargestellt und hinsichtlich ihrer Beweiskraft bewertet wird. Beruhen die Angaben jedoch auf Schätzungen, ist eine kritische Auseinandersetzung mit den Zeugenangaben erforderlich - insbesondere eine Auseinandersetzung mit der Zuverlässigkeit der Schätzung. Bleiben Zweifel, gilt der Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten".


Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 20.03.2012 - III-1 RBs 65/12
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 09/2012)

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