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Mithaftung bei Unfällen: Erhöhte Betriebsgefahr bei Geschwindigkeiten oberhalb der Richtgeschwindigkeit

Wer sein Fahrzeug auf Autobahnen deutlich über der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h steuert, muss im Schadensfall mit einer Teilschuld rechnen, da eine solche Ausgangsgeschwindigkeit als betriebsgefahrerhöhend berücksichtigt wird. Dies wird auch im Fall des Oberlandesgerichts Schleswig (OLG) deutlich.

Die Klägerin befuhr mit ihrem Auto eine Autobahn mit einer Geschwindigkeit zwischen etwa 120 bis 140 km/h, als sie auf der linken Fahrbahn nach einem Spurwechsel mit dem Fahrzeug des Beklagten kollidierte, der mit einer Geschwindigkeit von ca. 200 km/h fuhr. Die Frau behauptete, sie sei von der rechten auf die linke Fahrspur gewechselt, um Fahrzeuge auf der rechten Spur zu überholen. Trotz Blicken in Rück- und Seitenspiegel sowie über die Schulter habe sie das Beklagtenfahrzeug nicht gesehen - die Spur sei für sie frei gewesen. Demgegenüber gab der Beklagte an, die Klägerin sei unvermittelt vor seinem Fahrzeug auf die linke Spur gewechselt. Wegen des geringen Abstands habe er trotz einer Vollbremsung den Unfall nicht mehr vermeiden können.

Das OLG hat unter Abwägung der Verursachungsbeiträge eine Haftungsquote von 75 % zu 25 % zugunsten des Beklagten ausgeurteilt. Denn der Senat sah die überwiegende Ursache für den Unfall bei der Klägerin selbst, da sie den Fahrspurwechsel noch nicht vollständig abgeschlossen hatte, als es zum Unfall kam. Auf Beklagtenseite war dabei aber auch die Betriebsgefahr wegen der deutlichen Überschreitung der Richtgeschwindigkeit zu berücksichtigen. Die Mithaftung am Unfall ist bei einer Überschreitung der Richtgeschwindigkeit um ca. 70 km/h mit 25 % anzusetzen.

Hinweis: Eine deutlich über der Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen von 130 km/h liegende Ausgangsgeschwindigkeit ist bei der Haftungsabwägung als betriebsgefahrerhöhend zu berücksichtigen. Durch sie vergrößert sich die Gefahr, dass sich andere Verkehrsteilnehmer auf diese Fahrweise nicht einstellen können und insbesondere die Geschwindigkeit unterschätzen.


Quelle: OLG Schleswig, Urt. v. 15.11.2022 - 7 U 41/22
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 03/2023)

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