Aktuelle Rechtsinformationen[Inhalt] Keine Job- oder Existenzbedrohung: Arzttätigkeit rechtfertigt allein kein Absehen vom Fahrverbot nach Geschwindigkeitsüberschreitung Wer bei einer Bleifußfahrt erwischt wird, hat oft am meisten Angst vor einem Fahrverbot. Zu Recht, wie der folgende Fall des Bayerischen Oberlandesgerichts (BayObLG) beweist. Denn was alle Arbeitnehmer betrifft, die auf ihren fahrbaren Untersatz angewiesen sind, gilt eben auch prinzipiell für alle. Wann ein gegebener Ermessensspielraum ausgereizt werden darf, um die Sanktionen zu mindern - und wann eben nicht -, lesen Sie hier. Ein Autofahrer wurde mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 46 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften gemessen. Gegen ihn erging ein Bußgeldbescheid in Höhe von 320 EUR und ein einmonatiges Fahrverbot. Dem Umstand, dass der Betroffene gegen die Verhängung des Fahrverbots Einspruch einlegte, verdanken wir die Tatsache, dass der Fall hier Erwähnung findet. Und siehe da: Das Amtsgericht gab dem Einspruch auch statt. Denn der Mann hatte argumentiert, dass er als Arzt mit besonderen Verpflichtungen auf den Führerschein angewiesen sei und mit dem Fahrverbot daher eine unzumutbare Härte vorliege. "Nö", meinte die Staatsanwaltschaft und legte Rechtsbeschwerde ein. Das BayObLG gab der Rechtsbeschwerde statt. Allein die Tatsache, dass der Betroffene als Weiterbildungsassistent in einer Hausarztpraxis zu Besuchen in Pflegeheimen, Hausbesuchen und auch Diensten im Krankenhaus verpflichtet sei, genüge für die Annahme eines Härtefalls nicht. Dazu müsse eine erhebliche Beeinträchtigung seiner beruflichen Pflichten oder gar eine Gefährdung der medizinischen Versorgung seiner Patienten nachgewiesen sein. Hier sei aber anzunehmen, dass die Folgen des Fahrverbots durch organisatorische Maßnahmen - mit gelegentlichen Taxifahrten oder einem Aushilfsfahrer - zu überbrücken seien. Schließlich seien viele Arbeitnehmer dringend auf ihr Fahrzeug angewiesen, diese Tatsache reiche allein nicht aus, um die Folgen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu mindern. Eine Existenzbedrohung sei angesichts des Einkommens des Betroffenen (hier: 6.500 EUR brutto) ebenfalls nicht nachgewiesen. Es sei auch nicht zu berücksichtigen, dass ein Augenblicksversagen zu dem Verstoß geführt hat, da an der entsprechenden Stelle ein sogenannter Geschwindigkeitstrichter vorhanden war, der die zulässige streckenbezogene Höchstgeschwindigkeit schrittweise in Etappen auf den Zielwert herab begrenzt. Es war also nicht anzunehmen, dass gleich mehrere Schilder nicht wahrgenommen wurden. Hinweis: Ein Fahrverbot ist in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen nicht ausnahmslos zu verhängen. Vielmehr steht dem Tatrichter (in Bußgeldsachen dem Amtsrichter) ein Ermessensspielraum zu, um Verstößen im Straßenverkehr mit der im Einzelfall angemessenen Sanktion zu begegnen. Seine Entscheidung kann vom Rechtsbeschwerdegericht deshalb nur daraufhin überprüft werden, ob er sein Ermessen deshalb fehlerhaft ausgeübt hat, weil er die anzuwendenden Rechtsbegriffe verkannt, die Grenzen des Ermessens durch unzulässige Erwägungen überschritten und sich nicht nach den Grundsätzen und Wertmaßstäben des Gesetzes gerichtet hat. Quelle: BayObLG, Beschl. v. 12.05.2025 - 202 ObOWi 262/25
(aus: Ausgabe 12/2025)
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