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Pflegebedürftige Angehörige: Keine Arbeitszeitverkürzung, wenn betriebliche Gründe nachvollziehbar dagegen sprechen
Wer sich der Herausforderung stellen will, Angehörige zu pflegen, hofft oft auf Möglichkeiten, seine Arbeitszeiten zu reduzieren. Doch nicht jedem Unternehmen und nicht bei jedem Aufgabenfeld ist eine solche Arbeitszeitverkürzung möglich. Wann ein Arbeitgeber die Reduzierung der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers wegen Pflege eines seiner Angehörigen daher ablehnen darf, musste das Arbeitsgericht Suhl (ArbG) entscheiden.
Ein Außendienstmitarbeiter betreute Kunden in Ost- sowie Süddeutschland und arbeitete normalerweise vier Tage vor Ort und einen Tag im Homeoffice. Anfang März 2024 beantragte er eine Reduzierung seiner Arbeitszeit von 40 auf 20 Stunden pro Woche, verteilt auf drei Tage, um seine Eltern mit Pflegegrad 3 zu pflegen. Der Arbeitgeber schaltete daraufhin eine interne und externe Stellenausschreibung für die freiwerdende Teilzeitstelle. Nach einem Monat ohne Bewerber lehnte er den Antrag seines Außenmitarbeiters schriftlich ab. Daher war es nun am Gericht zu prüfen, ob der Antrag wegen dringender betrieblicher Gründe abgelehnt werden durfte.
Das ArbG entschied, dass die Ablehnung in diesem Fall durchaus berechtigt gewesen war. Die Aufgaben des Mitarbeiters konnten schlichtweg nicht aufgeteilt werden, da die Arbeitszeit nicht zum Organisationsplan passte und kein Ersatz durch vorhandene oder neue Mitarbeiter möglich war. Die wenigen Kollegen konnten die Außendiensttermine mit Übernachtungen nicht übernehmen, neue Teilzeitkräfte fanden sich nicht und alternative freie Stellen waren für den Außendienstler einfach nicht geeignet. Das Gericht wies darauf hin, dass der Arbeitgeber nicht prüfen musste, ob Kundenbesuche per Videokonferenz möglich seien. Die Gestaltung der Vertriebsstruktur unterliege schließlich der unternehmerischen Freiheit, und Ersatzkräfte aus anderen Unternehmensteilen müssten nicht berücksichtigt werden. Auch formell war die Ablehnung rechtzeitig erfolgt, obwohl die Stellenausschreibung noch lief.
Hinweis: Eine Reduzierung der Arbeitszeit wegen Pflege kann abgelehnt werden, sobald dringende betriebliche Gründe vorliegen. Dazu zählt vor allem, dass kein Ersatz möglich ist. Die betriebliche Situation sollte dabei stets sorgfältig dokumentiert werden, um den Ablehnungsgrund nachvollziehbar darzustellen.
Quelle: ArbG Suhl, Urt. v. 07.04.2025 - 5 Ca 1138/24(aus: Ausgabe 10/2025)
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