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Entschädigung nach Flugausfall: Solidaritätsstreiks und deren Folgen stellen keine außergewöhnlichen Umstände dar

Wenn ein Flug ausfällt, ist das für den Reisenden zwar ärgerlich, doch zum Glück hat man wenigstens Ansprüche auf eine Entschädigung. Ob das bei einem sogenannten Unterstützungsstreik aber auch der Fall ist, musste nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden.

Als bei der Lufthansa gestreikt wurde, solidarisierte sich das Kabinenpersonal der Tochtergesellschaft Eurowings mit der Belegschaft der Muttergesellschaft und streikte auch. Der Streik verselbständigte sich und wurde selbst nach einer Einigung zwischen der Gewerkschaft und der Lufthansa noch fortgesetzt. Unter den Leidtragenden war auch ein Fluggast, der von Salzburg nach Berlin fliegen wollte. Der Flug wurde aufgrund des Streiks bei Eurowings annulliert. Nun verlangte der Fluggast eine Entschädigung von 250 EUR, die er einklagte. Eurowings machte dabei geltend, dass es sich bei dem Streik um einen außergewöhnlichen Umstand gehandelt und das Unternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, um die Auswirkungen des Streiks zu begrenzen.

Das sah der EuGH anders. Der Streik der Belegschaft aus Solidarität mit der Belegschaft der Muttergesellschaft war nicht als außergewöhnlicher Umstand anzusehen, der die Fluglinie von Ausgleichsverpflichtungen wegen Flugannullierungen befreien konnte. Eine Flugannullierung wegen des Solidaritätsstreiks ist kein "außergewöhnlicher Umstand" im Sinne der Fluggastrechte-Verordnung. Wenn eine Gewerkschaft die Beschäftigten einer Muttergesellschaft zum Streik aufruft, ist es vorhersehbar, dass sich die Beschäftigten anderer Konzernteile diesem Streik entweder aus Solidarität oder mit dem Ziel anschließen, bei dieser Gelegenheit ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Da für den Arbeitgeber der Ausbruch eines Streiks zudem ein vorhersehbares Ereignis darstellt, verfügt er grundsätzlich über die Mittel, sich darauf vorzubereiten und damit dessen Folgen gegebenenfalls abzufangen, so dass die Ereignisse für ihn zu einem gewissen Grad beherrschbar bleiben. Eurowings musste bei insgesamt 712 für den Streiktag vorgesehenen Flügen lediglich 158 Flüge annullieren.

Hinweis: Möchten Sie Rechte aus einem verspäteten oder annullierten Flug geltend machen, sollten Sie sich an den Rechtsanwalt Ihres Vertrauens wenden.


Quelle: EuGH, Urt. v. 06.10.2021 - C-613/20
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 12/2021)

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