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Überqueren von Straßenbahnschienen: Verkehrswidriges Wendemanöver bei vorhersehbarem Gegenverkehr

Eine Autofahrerin war in Potsdam unterwegs. Sie wollte wenden und musste dabei auf den in der Mitte der Straße verlaufenden Straßenbahnschienen warten, um Gegenverkehr durchzulassen. Es kam zum Unfall mit einer von hinten heranfahrenden Straßenbahn der Verkehrsbetriebe Potsdam.

Der Halter des Fahrzeugs verklagte die Verkehrsbetriebe auf Schadensersatz. Die Verkehrsbetriebe haben im selben Prozess im Gegenzug ihrerseits ihn, die Fahrerin und seine Haftpflichtversicherung auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht Potsdam hat den wechselseitigen Klagen teilweise stattgegeben. Es ging dabei von einem gleich hohen Verschuldensanteil der Autofahrerin und des Straßenbahnfahrers aus. Dagegen haben die Verkehrsbetriebe Berufung eingelegt.

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat den Verkehrsbetrieben teilweise Recht gegeben und das Verschulden des Straßenbahnführers bei nur 30 % und im Übrigen bei der Autofahrerin gesehen. Es hat die Verkehrsbetriebe verurteilt, an den Fahrzeughalter rund 1.600 EUR zu zahlen. Fahrzeughalter, Autofahrerin und Haftpflichtversicherung müssen demgegenüber rund 6.200 EUR an Schadensersatz an die Verkehrsbetriebe zahlen.

Zur Begründung hat das Oberlandesgericht ausgeführt, das Überqueren von in Fahrtrichtung längs verlegten Schienen verstoße gegen die Straßenverkehrsordnung, wenn derjenige, der die Schienen überquere, damit zu rechnen habe, dass er wegen Gegenverkehrs längere Zeit warten müsse und eine zwischenzeitlich herangefahrene Straßenbahn behindern werde. Die Fahrerin habe bei Beginn des Wendemanövers sowohl die Straßenbahn als auch den Gegenverkehr gesehen. Sie habe deshalb mit der Annäherung der Straßenbahn rechnen müssen. Dem Straßenbahnführer sei dagegen ein Verkehrsverstoß nicht nachzuweisen. Zwar sei die Fahrbahn für ihn gut überschaubar gewesen. Er habe jedoch nicht damit rechnen müssen, dass ein vor der Straßenbahn fahrender Pkw ein gefahrträchtiges Wendemanöver bei Gegenverkehr durchführen werde. Da aber auch nicht nachweisbar sei, dass die Autofahrerin sehr dicht vor der Straßenbahn auf die Schienen gefahren sei, treffe sie nicht das alleinige Verschulden.

zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 04/2009)

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