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Wendemanöver: Haftungsabwägung bei Kollision

Hält ein Überholender beim Vorbeifahren an einer Kolonne den gebotenen Seitenabstand nicht ein, trifft ihn bei der Kollision mit einem aus der Kolonne zum Wenden ausscherenden Fahrzeug ein Mitverschulden.

Dem Fahrer eines Motorrollers ging es nicht schnell genug. Er stand mit seinem Motorroller innerorts am Ende eines Staus und entschloss sich, mit einer Geschwindigkeit von etwa 20 km/h an den stehenden Fahrzeugen vorbeizufahren. Er bemerkte nicht, dass ein Pkw aus der stehenden Reihe ausscheren wollte, um zu wenden. Es kam zu einer Kollision mit dem Pkw, dessen Fahrer beim Wendevorgang zudem eine durchgezogene Linie überfuhr.

Das Oberlandesgericht München hat den Pkw-Fahrer zu Schadensersatz in Höhe von 70 % verurteilt. Das Gericht ist davon überzeugt, dass er beim Wenden die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Danach hätte er eine Gefährdung des rückwärtigen Verkehrs ausschließen müssen. Zudem hat er verbotswidrig eine durchgezogene Mittellinie überfahren, was seinen Schuldanteil erhöht. Den Rollerfahrer trifft jedoch ein Mitverschulden, welches das Gericht mit 30 % bewertete. Er hat nämlich den erforderlichen Seitenabstand zur Fahrzeugkolonne nicht eingehalten. Die von ihm gefahrene Geschwindigkeit von etwa 20 km/h war für die konkrete Situation als nicht überhöht anzusehen und demnach nicht zu beanstanden.

Hinweis: Grundsätzlich spricht gegen denjenigen, der wenden will, der Beweis des ersten Anscheins für sein alleiniges Verschulden. Das Urteil macht aber deutlich, dass gleichwohl ein Mitverschulden begründet sein kann.


Quelle: OLG München, Urt. v. 13.09.2013 - 10 U 1919/12
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 12/2013)

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