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Kindesunterhalt: Bewerbungspflicht zur Wiederherstellung der finanziellen Lage

Hat ein Unterhaltspflichtiger nicht mehr die Einkünfte, die er einmal erzielt hat, stellt sich die Frage, ob der Unterhalt auf der Basis der tatsächlichen Einkünfte zu bestimmen ist oder auf der Grundlage erzielbarer, also fiktiver Einkünfte. Gesetzlich ist dieses Problem nicht klar geregelt. Die Rechtsprechung ist aber darum bemüht, es zu klarer zu definieren.

Sinken die Einkünfte eines Unterhaltspflichtigen - weil er arbeitslos wird oder eine geringer bezahlte Arbeitsstelle antritt -, liegt es erst einmal an ihm, die Einkommensreduktion zu rechtfertigen. Das bedeutet, dass er darlegen und nachweisen muss, in welchem Maße er sich darum bemüht hat, einen Arbeitsplatz zu finden, dessen Vergütung der bisherigen entspricht. Wurde der Unterhaltspflichtige arbeitslos, muss er genau die Zeit für die Arbeitssuche verwenden, die er bei einer Vollzeitbeschäftigung arbeiten würde. Die Bewerbungen müssen ernsthaft erfolgen und dokumentiert werden. Waren die Bewerbungen unter diesen Anforderungen nicht erfolgreich, kann dem Pflichtigen nicht vorgeworfen werden, erzielbare Einkünfte nicht zu erreichen. Waren die Bewerbungen unzureichend, stellt sich die schwierige Frage, von welchen fiktiven Einkünften ausgegangen werden kann. Dazu wird die bisherige Tätigkeit betrachtet und ermittelt, welche Vergütung dabei erzielt werden kann. Ein bisher weltweit tätiger Unterhaltspflichtiger muss dabei wieder bzw. weiterhin weltweit nach einem Arbeitsplatz suchen. Änderungen im beruflichen Konzept - z.B. künftig nicht mehr weltweit tätig sein zu wollen - sind zumindest nicht ohne weiteres möglich.

Hinweis: Für die Frage, welche Einkünfte fiktiv erzielt werden können, wird in der Regel eine Internetrecherche durchgeführt. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen. Hat sich zum Beispiel ein Chemiker auf ein bestimmtes Gebiet spezialisiert, kann er vielleicht in seinem Bereich besonders viel Geld verdienen. Für diese Spezialisierung sind aber möglicherweise fast keine freien Stellen auf dem Markt.


Quelle: KG, Beschl. v. 29.04.2013 - 17 UF 8/13
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 01/2014)

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